Rz. 2
Erste Voraussetzung des § 126 für eine Entscheidung nach Aktenlage ist, dass einer der Beteiligten oder beide Beteiligten nicht erscheinen.
Aufgrund der Fürsorgepflicht des Gerichts ist grundsätzlich bei Nichterscheinen eines Beteiligten eine Wartezeit einzuhalten, es sei denn, der nicht erschienene Beteiligte hat zuvor mitgeteilt, nicht erscheinen zu wollen. Üblich ist die Einhaltung einer Wartezeit von etwa 15 Minuten. Hat jedoch ein Beteiligter mitgeteilt, dass er sich verspäten werde, kann unter Fürsorgegesichtspunkten auch eine längere Wartezeit angemessen sein, wobei auch andere Sachen aus der Terminsrolle vorgezogen werden können (vgl. ausführlich die Komm. zu § 128 Rz. 23a).
Weiter müssen die Beteiligten rechtzeitig und formgerecht geladen oder vom Termin benachrichtigt worden sein (§§ 63, 110). Die Ladung muss zwar nach § 63 Abs. 1 Satz 2 nicht (mehr) zugestellt werden; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfeinschreiben. Es liegt jedoch weiterhin vorrangig in der Verantwortung des Gerichts, den Anspruch auf rechtliches Gehör sicherzustellen (vgl. BSG, Beschluss v. 12.3.2019, B 13 R 160/17 B). Lässt sich nicht feststellen, ob die Ladung bzw. Terminsbestimmung dem Beteiligten zugegangen ist, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör i. d. R. nicht ausgeräumt werden (vgl. auch Komm. zu § 63 Rz. 10; BSG, Urteil v. 3.11.1993, 1 RK 30/92, Rz. 14). In einem solchen Fall ist der Termin zu verlegen oder nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung (nach Beginn des Vortrags des Sachberichts, § 112 Abs. 1 Satz 2) zu vertagen.
Die Ladung bzw. Terminsmitteilung hat den gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 erforderlichen Hinweis zu enthalten, dass im Falle des Ausbleibens des Beteiligten nach Lage der Akten entschieden werden kann. Es darf ferner kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung bzw. Vertagung bestehen (z. B. wegen unverschuldeter Verhinderung eines Beteiligten; siehe dazu die Kommentierung zu § 124 Rz. 4 und § 128 Rz. 17 ff.). Ist Antrag auf Aufhebung des Termins gestellt worden, darf in Abwesenheit des Beteiligten nur entschieden werden, wenn der Vorsitzende diesen Antrag abgelehnt hat (vgl. BSG, Urteil v. 30.10.2001, B 4 RA 51/01 R).
Ist nur ein Beteiligter erschienen, kann auf dessen Antrag nach Lage der Akten entschieden werden. Bei mehreren Erschienenen sind entsprechende Anträge aller Beteiligter notwendig (auch des/der einfach Beigeladenen, vgl. BSG, SozR § 126 Nr. 3; Peters/Sauter/Wolff, SGG, § 126 Rz. 13). Erscheint kein Beteiligter, ist kein Antrag erforderlich.
Der Vorsitzende darf sich zwar schon mit den Formalien befasst und die erschienenen Beteiligten ins Protokoll aufgenommen haben (vgl. Peters/Sauter/Wolff, SGG, § 126 Rz. 17), der Sachverhalt darf aber noch nicht dargestellt worden sein, denn mit ihm würde die mündliche Verhandlung eröffnet (§ 112 Abs. 1 Satz 2; Zeihe, SGG, § 126 Rz. 2b; a. A. Bley, in: GK, § 126 Anm. 4b). Nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung kann nicht mehr zu einer Entscheidung nach Lage der Akten übergegangen werden (Bay LSG, Urteil v. 14.11.2018, L 18 SB 139/18). Ferner muss die Sache entscheidungsreif sein.