Rz. 2
§ 129 findet keine Anwendung auf Entscheidungen durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2) oder nach Lage der Akten (§ 126), und zwar auch dann nicht, wenn in der Sache in einem früheren Termin bereits mündlich verhandelt worden war (vgl. BSG, Beschluss v. 16.2.2006, B 7a AL 246/05 B; BSG, SozSich 1989, 313; BVerwG, Buchholz 310 § 112 Nr. 11; BSG, Beschluss v. 1.8.2013, B 12 R 2/13 B, Rz. 8 zum Übergang einer Sache in einen anderen Senat; BVerwG, NVwZ 1985, 562; BVerwG, NVwZ 1990, 58; BFHE 90, 82). Denn das Urteil ergeht dann nicht mehr aufgrund der früheren Verhandlung, so dass es auf die Besetzung in dem früheren Termin nicht ankommt (BSG, Beschluss v. 26.8.2005, B 9a V 13/05 B; BSG, SozR Nr. 4 zu § 124 SGG; vgl. auch BVerwG, NJW 1985, 562; kritisch von Gräber/von Groll, § 103 Rz. 4). Die richtige Besetzung der Richterbank richtet sich in diesem Fall nach dem Geschäftsverteilungsplan (Art. 101 GG i. V. m. §§ 21e, 21g GVG) im Zeitpunkt der Beratung der schriftlichen Entscheidung (BSG, SozSich 1989, 313). Etwas anderes soll nach der Rspr. des BVerwG höchstens gelten, wenn mit der Verfahrensrüge (nach § 112 VwGO) im Einzelnen substantiiert dargelegt wird, dass in dem Urteil nicht lediglich der Inhalt der Akten, sondern auch ein aus den Akten nicht ersichtlicher Umstand berücksichtigt worden ist, der in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde. Nur in einem solchen Fall liege insoweit dem ergangenen Urteil die mündliche Verhandlung mit der Folge zugrunde, dass ein Richterwechsel zwischen der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Urteils jedenfalls nicht frei von Bedenken sei (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 112 VwGO Nr. 11; BVerwG, Buchholz 310 § 112 Nr. 6). Es dürfte sich in einem solchen Fall aber im Kern nicht um ein Problem der Besetzung der Richterbank handeln, deren Veränderung ja z. B. im Falle des Ausscheidens eines Richters unvermeidbar ist, sondern vielmehr regelmäßig um eines der freien Beweiswürdigung und der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 128). Das Gericht darf bei der Beweiswürdigung nämlich nur das verwerten, was auf der Wahrnehmung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu sich die Beteiligten äußern konnten (vgl. z. B. BSG, Beschluss v. 17.8.2006, B 12 KR 79/05 B; vgl. auch Rz. 4 und die Komm. zu § 128).
Rz. 3
Für Beschlüsse, die nach mündlicher Verhandlung ergehen, gilt § 129 gemäß § 142 Abs. 1 entsprechend.