Rz. 1
§ 130 Abs. 1 ist seit Inkrafttreten des SGG unverändert geblieben. Abs. 2 ist durch Art. 1 Nr. 42 des 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) mit Wirkung zum 2.1.2002 angefügt worden.
Rz. 1a
Die Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung und entbindet die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit von notwendigen Feststellungen über die Höhe des Anspruchs, die dann durch Ausführungsbescheid durch den Beklagten zu treffen sind. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 1/4357 S. 30 zu § 78 des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit – Sozialgerichtsordnung) soll das Grundurteil die Ausnahme zur betragsmäßigen Bezifferung des Anspruchs bilden. Andere Prozessordnungen kennen das Grundurteil lediglich als Zwischenurteil (vgl. § 111 VwGO, § 99 FGO, § 304 ZPO).
Rz. 2
§ 130 enthält nunmehr 3 Verfahrensregelungen:
Nach Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 kann das Gericht auf die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i. S. d. § 54 Abs. 4 durch ein Grundurteil ("dem Grunde nach") zur Geldleistung verurteilen. Das Urteil ist in diesem Falle ein Endurteil. Es findet kein Nachverfahren statt, stattdessen wird über die Leistungshöhe im Ausführungsbescheid durch den Beklagten entschieden.
Absatz 1 Satz 1 Alt. 2 ermöglicht im Falle der reinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5) ein Grundurteil, welches ein Zwischenurteil darstellt, so dass über die Leistungshöhe im Nachverfahren zu entscheiden ist.
Während Urteile nach Abs. 1 stets voraussetzen, dass alle Voraussetzungen des Geldleistungsanspruchs geklärt sind (nur die Höhe der Leistung darf offen bleiben), gibt der neue Abs. 2 dem Gericht die Handhabe, über einzelne Fragen vorab zu entscheiden. Diese Entscheidung schließt das Verfahren nicht ab (sonst handelte es sich um eine umfassende Zurückverweisung an die Verwaltung), sondern stellt lediglich ein Zwischenurteil dar.
Rz. 3
Urteile nach Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 sind häufig, sie stellen bei der Verurteilung zur Gewährung von Rentenleistungen (in der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung) den Regelfall dar. Dies ermöglicht dem Gericht, eine schnelle Entscheidung durch Endurteil zu treffen, ohne oftmals komplexe Berechnungsvorschriften prüfen zu müssen, die im Regelfall bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht streitig sind. Entsprechend wird auch der Kläger dadurch entlastet, dass er nicht verpflichtet ist, einen bezifferten Klageantrag zu stellen (vgl. auch BSG, Urteil v. 17.1.1996, 3 RK 26/94, Rz. 18), wozu er regelmäßig beispielsweise bei der Berechnung von Renten der gesetzlichen Rentenversicherung auch gar nicht in der Lage wäre
Für Entscheidungen nach Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 existiert lediglich ein kleiner Anwendungsbereich (vgl. Rz. 11). Von § 130 Abs. 2 wird offenbar nur zurückhaltend Gebrauch gemacht. Das mag an der nicht ohne weiteres deutlich werdenden Abgrenzung zu Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 liegen, vor allem aber daran, dass das Zwischenurteil nach Abs. 2 die Instanz nicht abschließt und von der h. M. weder für rechtskraftfähig noch für rechtsmittelfähig gehalten wird (Näheres dazu unter Rz. 17).