Rz. 46
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 5 vor – ob das der Fall ist, ist im Rechtsmittelverfahren voll überprüfbar (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rz. 49; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rz. 167) –, steht es im Ermessen des Gerichts, ob es den Verwaltungsakt aufhebt oder selbst ermittelt. Ein Anspruch des Klägers auf Entscheidung nach Abs. 5 besteht nicht (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rz. 49; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 131 Rz. 20). Vor seiner Entscheidung muss es zur Gewährung rechtlichen Gehörs auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach Abs. 5 hinweisen (so auch Keller, a. a. O., Rz. 20).
Ob es durch Urteil entscheiden muss oder auch ein Gerichtsbescheid in Betracht kommt, ist nicht unstreitig. Für § 113 Abs. 3 VwGO vertritt etwa Gerhardt (in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rz. 51) die Auffassung, dass der Annahme eines (i. S. d. § 105) geklärten Sachverhalts der von § 113 Abs. 3 VwGO (§ 131 Abs. 5 SGG) vorausgesetzte erhebliche Ermittlungsbedarf entgegenstehen dürfe (so im Ergebnis auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.10.2015, L 5 R 4256/13, Rz. 38, dort zum Vorliegen besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher Art). Das überzeugt nicht, weil der Sachverhalt i. S. d. § 105 nur bezüglich der Entscheidungsreife (hier des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 131 Abs. 5 Satz 1) geklärt sein muss. Im Sinne des § 105 kann der Sachverhalt daher geklärt sein, wenn die für die Zurückverweisung an die Verwaltung in § 131 Abs. 5 aufgestellten Voraussetzungen feststehen. Deshalb ist die Entscheidung durch Gerichtsbescheid regelmäßig nicht ausgeschlossen (so auch ausdrücklich LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 4.1.2006, L 6 SB 197/05, Rz. 28).
Bei der Entscheidung nach Abs. 5 handelt es sich im Übrigen entgegen dem missverständlichen Gesetzeswortlaut um eine (allerdings nicht abschließende) Entscheidung in der Sache, nicht um ein Prozessurteil (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, § 113 Rz. 26). Der angefochtene Verwaltungsakt wird aufgehoben, im Falle der reinen Anfechtungsklage hat die Klage in vollem Umfang Erfolg, auch wenn noch nicht feststeht, ob der belastende Verwaltungsakt wiederholt wird (wegen der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und der Verpflichtungsklage vgl. Rz. 48 f.). Das Urteil ist ein der Rechtskraft fähiges Endurteil. Die Wirkung des Urteils, die Reichweite seiner Rechtskraft, bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Wie auch sonst bei einem der Anfechtungsklage stattgebenden Urteil kann nur anhand von Urteilsformel und Urteilsbegründung festgestellt werden, weshalb der Verwaltungsakt aufgehoben worden ist (vgl. Rz. 20 zu § 141). Weil im Falle des § 131 Abs. 5 die Aufhebung des Verwaltungsakts allein wegen des Ermittlungsdefizits erfolgt ist, steht das Urteil dem Erlass eines neuen Verwaltungsakts mit gleichem Regelungsinhalt nach Aufklärung des Sachverhalts (unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts) nicht entgegen. Die Behörde kann (im Falle der reinen Anfechtungsklage) nach allgemeinen Regeln von der Erteilung eines neuen Verwaltungsakts absehen (vgl. Gaentzsch, Festschrift Redeker S. 405, 412; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rz. 52; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rz. 169; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 113 Rz. 28). Verpflichtet, einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen, ist sie nur, wenn das Gericht eine Anordnung nach Abs. 5 Satz 3 erlassen hat, die den Kläger belastet. Eine Beschwer des Klägers dadurch, dass das Sozialgericht auf seine reine Anfechtungsklage den Verwaltungsakt lediglich nach § 131 Abs. 5 (vorläufig) aufhebt und die Sache an die Behörde zurückgibt, statt nach Ermittlungen Rechtswidrigkeit und Aufhebungsanspruch endgültig festzustellen, dürfte nicht gegeben sein (vgl. aber auch unten Rz. 49 f.; verneinend für § 113 Abs. 3 VwGO Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 113 Rz. 380; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rz. 51; Hödl-Adick, Die Bescheidungsklage als Erfordernis eines interessengerechten Rechtsschutzes, S. 204 ff., 206 unter Hinweis auf die abweichende Auffassung von Hübschmann/Hepp/Spitaler/Lange, FGO, § 100 Rz. 91).
Das Urteil ist ein Endurteil, in dem auch eine Kostenentscheidung enthalten sein muss (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 131 Rz. 20).