1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 131 wird häufig mit "Urteilsformel" überschrieben, trifft aber Bestimmungen über die Entscheidungsformel nur für einige Sonderfälle. Allgemeine Leistungsklage, Feststellungsklage und – anders als in der Parallelvorschrift der VwGO (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO) – auch die Hauptanwendungsfälle der Anfechtungs- wie der Verpflichtungsklage werden nicht angesprochen. Andererseits geht § 131 insofern inhaltlich über eine Regelung der Urteilsformel hinaus, als die Vorschrift auch die Voraussetzungen für bestimmte gerichtliche Entscheidungen aufstellt. Die Möglichkeit einer "Zurückverweisung an die Verwaltung" (Abs. 5) ist durch Art. 8 Nr. 1 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes v. 24.8.2004 (BGBl. I S. 2198) mit Wirkung v. 1.9.2004 – zunächst nur für die reine Anfechtungsklage (vgl. BSG, Urteil v. 17.4.2007, B 5 RJ 30/05 R, mit Anm. Humpert in SGb 2008 S. 250) – eröffnet worden. Mit der Änderung des Abs. 5 durch Art. 1 Nr. 22 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) wurde der Anwendungsbereich dieser Regelung ab 1.4.2008 auf alle Fälle des § 54 Abs. 1 und Abs. 4 ausgedehnt, so dass nunmehr die "Zurückverweisung an die Verwaltung" auch in der Situation der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und der Verpflichtungsklage in Betracht kommt. Zugleich wurden dem Abs. 2 die folgenden Sätze angefügt (vgl. Art. 1 Nr. 22 Buchst. a SGGArbGGÄndG): "Dies gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsaktes und bei Klagen nach § 54 Abs. 4. Absatz 3 gilt entsprechend." Absatz 2 Satz 2 wurde zur Bereinigung eines "Redaktionsversehens" (so: BR-Drucks. 544/08 S. 31 zu Nr. 2 § 131) bereits durch Art. 8 des Gesetzes v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2933) aus Abs. 2 in Abs. 5 (Satz 2) verschoben, Satz 3 wurde angepasst. In Abs. 5 Satz 1 wurde die Passage "in den Fällen des § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4" gestrichen.

2 Rechtspraxis

2.1 Anfechtungsklage

 

Rz. 2

Streitgegenstand der (reinen) Anfechtungsklage ist die Rechtsschutzbehauptung, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger hierdurch in seinen Rechten betroffen sei (vgl. BSGE 41 S. 100; BVerwGE 29 S. 210; BVerwGE 40 S. 104; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 95 Rn. 5; Rennert, in: Eyermann, § 121, Rn. 25; siehe auch Rn. 23 zu § 141). Wird der Anfechtungsklage stattgegeben, wird diese Rechtsbehauptung als zutreffend bestätigt und festgestellt, dass der Kläger durch den angegriffenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt worden ist. Modifizierungen ergeben sich insoweit, wenn über die Anfechtungsklage nach Abs. 5 entschieden wird. Wegen der Zulässigkeit und Begründetheit der Anfechtungsklage und des dafür maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts sowie wegen der Möglichkeit, die Anfechtungsklage mit Verpflichtungsklage, Leistungsklage oder auch Feststellungsklage zu kombinieren vgl. die Kommentierung zu § 54. Die Anfechtungsklage ist Gestaltungsklage (BSGE 46 S. 71; vgl. auch Rn. 6 zu § 125).

 

Rz. 3

Ist die Anfechtungsklage unzulässig oder unbegründet, so ist die Klage abzuweisen. Ob die Klage schon unzulässig oder lediglich unbegründet ist, kann für die Rechtskraft (§ 141) Bedeutung haben, wird aber nicht in der Urteilsformel zum Ausdruck gebracht, sondern muss sich aus den Entscheidungsgründen ergeben. Der Tenor lautet in beiden Fällen:

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

Rz. 4

Bei zulässiger isolierter Anfechtungsklage hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es handelt sich um eine kassatorische Entscheidung mit Wirkung ex tunc. Der Tenor lautet üblicherweise:

 

Der Bescheid (exakter: Verwaltungsakt) vom ... und der Widerspruchsbescheid vom ... werden aufgehoben.

oder:

Der Bescheid vom ... in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom ... wird aufgehoben.

Die ferner gängige Formulierung: "... in der Gestalt des Widerspruchsbescheids" knüpft an § 95 an. Danach ist, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat, Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Wenn der Verwaltungsakt aber durch den Widerspruchsbescheid gar keine neue Gestalt erhalten hat, wirkt die genannte Formulierung nicht nur steif, sondern auch deplatziert. Im Übrigen besteht auch keine Notwendigkeit, bereits im Tenor zum Ausdruck zu bringen, ob der Widerspruchsbescheid dem Ursprungsverwaltungsakt eine andere Gestalt gegeben hat. Weil nicht der Widerspruchsbescheid, sondern der Ausgangsverwaltungsakt Gegenstand der Klage ist (§ 95 SGG und § 79 VwGO) wird allgemein nicht einmal die ausdrückliche Aufhebung des Widerspruchsbescheids für erforderlich gehalten, wenn dieser den Verwaltungsakt lediglich bestätigt (vgl. z. B. Redeker/von Oertzen, § 113 Rn. 5; Kopp/Schenke, § 113 Rn. 3; BVerwG, Buchholz 310 § 58 Nr. 29). Sie ist gleichwohl üblich und sinnvoll. Die Nennung der Behörde...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge