Rz. 22
Der Verzicht auf Rechtsmittel ist eine auslegungsfähige Prozesshandlung, die nicht widerrufbar und bedingungsfeindlich ist. Innerprozessuale Bedingungen, z. B. Verzicht für den Fall des Obsiegens, werden im Rahmen des § 313a Abs. 2 ZPO aber zugelassen (vgl. z. B. Saenger, in: Hk-ZPO, § 313a Rn. 8). Ein Schriftformerfordernis besteht nicht. Wenn der Rechtsmittelverzicht in der mündlichen Verhandlung erklärt wird, ist er zu Protokoll zu nehmen. Für die Auslegung einer Erklärung als Rechtsmittelverzicht ist Zurückhaltung geboten. Hier gelten wegen der Unwiderruflichkeit und Unanfechtbarkeit einer solchen Erklärung strenge Anforderungen (vgl. BGH, Urteil v. 28.3.1989, VI ZR 246/88; BGH, Beschluss v. 7.11.1989, VI ZB 25/89; BGH, NJW 1994, 942; BGH, NJW 1974, 1248, 1249). Zwar ist nicht erforderlich, dass ausdrücklich von einem Verzicht die Rede ist. Jedoch ist unabhängig von der Wortwahl ein Rechtsmittelverzicht nur dann anzunehmen, wenn in der Erklärung klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck gebracht wird, die Entscheidung endgültig hinzunehmen und nicht anfechten zu wollen (vgl. BGH, Beschluss v. 5.9.2006, VI ZR 65/05; BGH, Urteil v. 12.3.2002, VI ZR 379/01; BGH, VersR 1989, 602 f.; BGH, NJW 1985, 2335).
Abs. 4 verlangt, dass "Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte" auf Rechtsmittel verzichten. Nicht erforderlich ist, dass ein vollständig obsiegender Beteiligter auf Rechtsmittel verzichten muss (str., ebenso: BayLSG, Urteil v. 26.11.2014, L 11 AS 243/11, Rz. 3; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 136 Rz. 9; Hauck, in: Hennig, SGG, § 136 Rz. 105; Wolff-Dellen, in: Fichte/Jüttner, SGG, § 136 Rz. 24; Harks, in: BeckOGK-SGG, § 136 Rz. 38; Schütz, in: jurisPK-SGG, § 136 Rz. 54; a. A. noch die Vorauflage, Humpert, in: Jansen, 4. Aufl., SGG, § 136 Rz. 22; PSW, SGG, § 136 Rz. 240). Hierfür spricht schon der Wortlaut. Da ein vollständig obsiegender Beteiligter schon mangels Beschwer und fehlendem Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls zulässigerweise kein Rechtsmittel einlegen kann, kann er auch nicht auf dieses verzichten. Zudem ergibt sich aus der Formulierung "und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte", dass es auch bei Kläger und Beklagten über den Beteiligtenstatus zusätzlich auf die Rechtsmittelberechtigung ankommen soll. Das Erfordernis der Einholung eines Verzichts von dem vollständig obsiegenden Beteiligten würde zudem dem durch den Gesetzesgeber formulierten Ziel der Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit widersprechen. Auch ein Vergleich mit § 313a Abs. 3 ZPO, dem § 136 nach der Gesetzesbegründung nachempfunden ist, spricht gegen das Erfordernis der Zustimmung des vollständig obsiegenden Beteiligten, da es nach § 313a Abs. 3 Satz 2 ZPO ausreichend ist, wenn nur die Partei verzichtet, für die das Urteil anfechtbar ist (so auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 136 Rz. 9).