Rz. 3
Berufung kann von jedem eingelegt werden, der durch das angefochtene Urteil rechtlich beschwert ist (vgl. Vorbemerkung zu §§ 143 ff.). Für das Rechtsmittel des Klägers kommt es auf die formelle Beschwer an. Diese liegt vor, wenn die vorinstanzliche Entscheidung dem Begehren nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang entsprochen hat (BSG, Urteil v. 29.9.1999, B 6 KA 45/98 R, USK 99157; BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 78/90 = SozR 3-1500 § 54 Nr. 9; BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 3; BSG, Urteil v. 5.6.1991, 7 RAr 26/89, SozR 3-4100 § 116 Nr. 1; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, vor § 124 Rn. 41; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 143 Rn. 20; BGH, Urteil v. 9.10.1990, VI ZR 89/90, NJW 1991 S. 703 m. w. N.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.9.2007, 11 W 38/06, juris). Die formelle Beschwer ist z. B. gegeben, wenn das Gericht lediglich über einen Hilfsantrag, nicht aber über den Hauptantrag des Klägers im Klageverfahren entschieden hat (BFH, Beschluss v. 3.9.2007, VI B 57/07, BFH/NV 2007, 2325). Weiteres Beispiel: Wird der GdB auf den Wert festgesetzt, der im Widerspruchsantrag als Mindestwert des erstrebten „höheren GdB2 bezeichnet war, ist der Betroffene nicht beschwert (BSG, Urteil v. 9.8.1995, 9 RVs 7/94 = SozR 3-1930 § 116 Nr. 7).
Rz. 4
Obsiegt der Kläger insofern, als er ein Bescheidungsurteil erstreitet (§ 131 Abs. 3 SGG), kann er dennoch beschwert sein, wenn die Rechtsauffassung, die die Behörde nach Vorgabe des Gerichts bei der Neubescheidung zu beachten hat, nicht derjenigen des Klägers entspricht und sich diese Abweichung für ihn negativ auswirkt (BSG, Urteil v. 28.1.2004, B 6 KA 52/03 R, MedR 2004, 396 bis 404). Der durch ein Anerkenntnisurteil Begünstigte kann dieses mangels Beschwer nicht anfechten (LSG BW, Urteil v. 16.12.1996, L 5 Ka 3099/96 = NZS 1997, 199).
Rz. 4a
Trotz Vorliegens der Beschwer kann in seltenen Ausnahmefällen das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (BGH, Entscheidung v. 3.11.1971, IV ZR 26/70, BGHZ 57, 224; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, vor § 143 Rn. 5 m. w. N.). Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BSG, Urteil v. 8.5.2007, B 2 U 3/06 R, SozR 4-2700 § 136 Nr. 3).