Rz. 5
Bei Beigeladenen oder bei am Verfahren bislang nicht beteiligten Dritten ist die Zulässigkeit des Rechtsmittels davon abhängig, ob sie durch die angefochtene Entscheidung materiell beschwert, d. h. in ihren rechtlichen Interessen nachteilig berührt sind (vgl. BSG, Urteil v. 5.6.1991, 7 RAr 26/89, BSGE 69 S. 25; ebenso BVerwG, Urteil v. 31.1.1969, IV C 83.66, BVerwGE 31 S. 233; BVerwG, Urteil v. 10.12.1970, VIII C 84.69, BVerwGE 37, S. 43 f.; BverwG, Urteil v. 23.8.1974, IV C 29.73, BVerwGE 47, S. 19; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 143 Rn. 21; Kopp/Schenke, VwGO, vor § 124 Rn. 46 ff.). Die materielle Beschwer setzt mithin voraus, dass der betreffende Rechtsmittelführer aufgrund der Bindungswirkung des vorinstanzlichen Urteils unmittelbar in eigenen Rechtspositionen beeinträchtigt sein kann (BSG, Beschluss v. 3.8.2011, B 11 SF 1/10 R, juris; Urteil v. 14.3.2006, B 4 RA 55/04 R, SozR 4-2600 § 166 Nr. 2; Urteil v. 3.12.1997, 6 RKa 64/96, SozR 3-2500 § 101 Nr. 2 m. w. N.; Urteil v. 20.3.1996, 6 RKa 51/95, BSGE 78 S. 98 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12; vgl. auch VGH Bayern, Beschluss v. 12.7.2007, 15 ZB 06.3298, juris).
Rz. 5a
So sind die an der Vereinbarung eines Normsetzungsvertrages (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V) Beteiligten im gerichtlichen Verfahren einfach beizuladen (§ 75 Abs. 1 SGG). Die Partner der Bundesmantelverträge (BMVe) sind in Fällen, in denen die Gültigkeit einer Regelung des EBM-Ä in Frage steht, mittels solcher gerichtlichen Entscheidungen materiell beschwert, durch die Vorschriften des EBM-Ä inzident verworfen werden (BSG, Urteil v. 20.3.1996, 6 RKa 51/95, BSGE 78, 98, 99 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S. 34 für die KBV; BSG, Urteil v. 24.9.2003, B 6 KA 37/02 R, SozR 4-2500 § 87 Nr. 3 für den Bewertungsausschuss). Der Bewertungsmaßstab nach § 87 Abs. 1 SGB V wird von den Partnern der BMVe durch den Bewertungsausschuss als Vertragsorgan vereinbart und ist Bestandteil der BMVe. Deshalb ist es sachgerecht, die Partner der BMVe zu solchen Streitverfahren einfach beizuladen (§ 75 Abs. 1 SGG), in denen inzident über die Gültigkeit einer Bestimmung dieser Verträge gestritten wird. Den Partnern der BMVe steht im Fall der Normverwerfung seitens des Gerichts die Befugnis zu, wegen der Betroffenheit in der ihnen gesetzlich zugewiesenen Verantwortung für die vertragsärztliche Versorgung insgesamt Rechtsmittel einzulegen (BSG, Urteil v. 24.9.2003, B 6 KA 37/02 R, SozR 4-2500 § 87 Nr. 3). Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn nicht unmittelbar über die Gültigkeit einer Bestimmung des EBM-Ä gestritten wird, sondern vorrangig die Auslegung eines Abrechnungsausschlusses im Streit steht (BSG, Urteil v. 24.9.2003, B 6 KA 37/02 R, SozR4-2500 § 87 Nr. 3).
Rz. 5b
Die Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen ohne Eingriff in bestehende Rechtspositionen reicht für die Annahme einer Beschwer nicht aus. Zwar hat das BSG – missverständlich – formuliert, dass eine Beeinträchtigung allein wirtschaftlicher Interessen ohne Eingriff in bestehende Rechtspositionen als Voraussetzung der Zulässigkeit eines vom beigeladenen Dritten eingelegten Rechtsmittels genügen mag; es hat allerdings gleichermaßen klargestellt, dass dies keine rechtliche Beschwer i. S. d. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist (BSG, Urteil v. 15.11.1983, 1 S 10/82, BSGE 56 S. 45 = SozR 2100 § 70 Nr. 1; BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 78/90 = SozR 3-1500 § 54 Nr. 9; Leitherer, SGG, § 75 Rn. 19). Im Übrigen eröffnet auch im sozialgerichtlichen Verfahren nur ein subjektives Recht die Möglichkeit, individuelle Interessen mit den Mitteln des Rechts durchzusetzen (BSG, Urteil v. 11.5.1999, B 11 AL 69/98 R, SozR 3-1500 § 75 Nr. 31). Demgemäß ist die materielle Beschwer einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) schon deswegen gegeben, weil sie aufgrund ihres Sicherstellungsauftrages die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung trägt. Entscheidungen in Zulassungsangelegenheiten im Bereich einer KV betreffen deshalb stets und unmittelbar auch ihren Verantwortungsbereich (BSG, Urteil v. 19.7.2006, B 6 KA 14/05 R, SozR 4-2500 § 116 Nr. 3 m. w. N.; LSG NRW, Beschluss v. 4.5.2011, L 11 KA 120/10 B ER, juris). Andererseits kann zwar ein zu Unrecht Beigeladener (hierzu BVerwG, Urteil v. 11.10.2006, 10 C 7/05, NJW 2007 S. 711) im Rechtsmittelverfahren beteiligt sein, indes ergibt sich aus seiner Stellung als Beteiligter nicht ohne weiteres auch seine materielle Beschwer; er ist ebenso wenig bereits deshalb beschwert, weil die Rechtskraft des angefochtenen Urteils auch ihn bindet (BFH, Beschluss v. 9.2.2006, VIII B 52/05, FH/NV 2006, 1155).
Rz. 6
Die materielle Beschwer konkretisiert zunächst die Klagebefugnis, also die Sachurteilsvoraussetzung, die die Prozessordnungen an die schlüssige Behauptung des Klägers knüpfen, in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG; § 42 Abs. 2 VwGO; § 40 Abs. 2 FGO). Darüber hinaus stellen § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO klar, dass ein objektiv rechtswidriger Verwaltungsakt nur dann a...