2.1 Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (Abs. 1)

2.1.1 Form

 

Rz. 2

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen. Die Schriftform ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde telegrafisch, fernschriftlich oder durch Telekopie eingelegt wird. Soweit das BSG meint, auf § 126 BGB könne angesichts der Eigenständigkeit des Prozessrechts zur Klärung der Frage, was unter "schriftlich" zu verstehen ist, nicht abgestellt werden (Urteil v. 21.6.2001, B 13 RJ 5/01 R; Urteil v. 16.11.2000, B 13 RJ 3/99 R, NJW 2001 S. 2492), mag dem im Grundsatz zugestimmt werden können. Indessen ändert dies nichts daran, dass wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung zunächst von § 126 BGB ausgegangen werden muss. Nach § 126 Abs. 1 BGB gilt: Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

 

Rz. 2a

Die Schriftform ist daher grundsätzlich nur gewahrt, wenn die Klage eigenhändig unterzeichnet wurde (BFH, Beschluss v. 17.3.2005, VIII B 320/03; Beschluss v. 10.7.2002, VII B 6/02, BFH/NV 2002 S. 1597). Im Übrigen aber sind unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 145 Abs. 1 (bzw. § 151 SGG) eine Reihe von Ausnahmen möglich. Schriftlichkeit kann auch ohne eigenhändige Namensunterschrift angenommen werden, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Rechtsverkehrswillen ergibt. Solche Umstände sind z. B. die im Schreiben zum Ausdruck kommende Sachkenntnis oder die Nutzung eines Anwaltsbriefbogens mit maschinenschriftlichem Namenszug (BVerwG, Urteil v. 6.12.1988, 9 C 40/87, NJW 1989 S. 1175; LSG NRW, Urteil v. 10.4.2000, L 10 B 1/00 VG; LSG NRW, Urteil v. 25.6.2003, L 11 KA 243/01). Zweck des Schriftformerfordernisses ist es, dass die Unterschrift den Urheber erkennen lässt und gewährleistet ist, dass das Schriftstück nicht nur als Entwurf, sondern mit Wissen und Wollen des Verfassers bei Gericht eingeht (hierzu BSG, Urteil v. 16.11.2000, B 13 RJ 3/99 R, NJW 2001 S. 2492). Dem wird Rechnung getragen, wenn sich genau dies aus anderen Umständen hinreichend sicher ergibt, andernfalls das Schriftformerfordernis zu einem formalistischen Selbstzweck denaturieren würde (LSG NRW, Urteil v. 10.4.2000, L 10 B 1/00 VG).

Schriftform ist ferner gewahrt, wenn die Beschwerde mittels Computerfax, telegrafisch bzw. fernschriftlich bzw. durch Telefax eingelegt wird (GmSOGB, Beschluss v. 5.4.2000, GmS-OGB 1/98, NJW 2000 S. 2340; hierzu Wirges, AnwBl. 2002 S. 88; krit. Düwell, NJW 2000 S. 3334; Schwachheim, NJW 1999 S. 621; LSG NRW, Urteil v. 24.3.1999, L 10 SB 99/98). Soweit es um die Einreichung elektronischer Dokumente geht, ist auf die Kommentierung zu § 65a SGG zu verweisen.

2.1.2 Frist

 

Rz. 3

Die Nichtzulassungsbeschwerde muss innerhalb einer einmonatigen Frist nach Zustellung des angefochtenen Urteils beim LSG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Bei Auslandszustellung gilt entsprechend § 87 Abs. 1 SGG eine Frist von drei Monaten (Zeihe, SGG, 10/2010, § 145 Rn. 7b; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 145 Rn. 5).

 

Rz. 4

Fehlt die Rechtsmittelbelehrung oder ist sie unrichtig, verlängert sich die Frist auf ein Jahr; lautet die Belehrung dahin, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist, läuft überhaupt keine Frist (§ 66 Abs. 2 SGG). Gleichermaßen läuft keine Frist, wenn die Belehrung bewusst unterbleibt, um die Beteiligten von einem Rechtsbehelf abzuhalten. In einem solchen Fall kann die Beschwerde allenfalls dann unzulässig werden, wenn der von der Entscheidung des SG beschwerte Beteiligte seine Beschwerdebefugnis verwirkt hat. Sofern über ein nicht statthaftes Rechtsmittel belehrt worden ist, soll dies mit der Folge, dass die Jahresfrist keine Anwendung findet, dem Fall gleichstehen, dass fälschlich darüber belehrt worden ist, es sei kein Rechtsbehelf gegeben (so LSG Sachsen, Urteil v. 3.11.2010, L 1 AL 127/10; BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 3; BVerwG, Urteil v. 25.6.1985, 8 C 116.84, BVerwGE 71 S. 359). Dem ist nicht zuzustimmen, denn der Betroffene konnte in diesem Fall nicht darauf vertrauen, ohne Einhaltung einer Frist einen Rechtsbehelf einlegen zu können (ablehnend auch Zeihe, SGb 1998 S. 321, 322; hierzu auch die Kommentierung zu § 66 SGG).

 

Rz. 5

Nach alter Rechtslage musste die Nichtzulassungsbeschwerde beim SG eingelegt werden (§ 145 Abs. 1 Satz 1 a. F.). Die Beschwerdefrist war auch gewahrt, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde beim Beschwerdegericht eingelegt wurde (§ 145 Abs. 1 Satz 3 a. F.). Infolge des 6. SGGÄndG ist die Nichtzulassungsbeschwerde ab 2.1.2002 zwingend beim LSG einzulegen. Fraglich erscheint, ob es zur Fristwahrung ausreicht, wenn die Beschwerde beim SG eingelegt wird und das LSG erst nach Fristablauf erreicht. Auf der Grundlage von § 91 SGG müsste dies bejaht werden. Hiernach ist die Frist für die Erhebung der Klage gewahrt, wenn...

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