2.3.2.4.1 Grundsatz
Rz. 26
Der Senat kann die Entscheidung des Berichterstatters nicht ändern. Dessen Entscheidung ist die des Senats, allerdings in der Besetzung mit einem Richter. Vergleichbares gilt für den Fall, dass der Berichterstatter gegen einen Sachverständigen ein Ordnungsgeld verhängt. Dessen Entscheidung ist endgültig. Der Berichterstatter wird als Vorsitzender tätig (LSG NRW, Beschluss v. 6.10.1977, L 11 V 22/76, Breithaupt 1978 S. 615). Der Senat kann dessen Entscheidung, abgesehen von den Fällen des Abs. 2 Satz 2, nicht ändern (Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 155 Rn. 45). Der abweichenden Auffassung des LSG Baden-Württemberg (Beschluss v. 6.3.1974, L 3 An 1191/70, Breithaupt 1974 S. 637) kann nicht gefolgt werden. Hiernach soll gelten: Ordnet ein Richter des LSG, dem nach § 155 die Aufgaben des Vorsitzenden übertragen worden sind, das persönliche Erscheinen eines Beteiligten an, so ist er für die Festsetzung einer Ordnungsstrafe zuständig. Gegen die Straffestsetzung soll nach § 178 analog der Senat angerufen werden können (so LSG Baden-Württemberg a. a. O.). Das trifft nicht zu. Dies würde eine planwidrige Lücke voraussetzen. Eine solche liegt indessen nicht vor. Der Gesetzgeber hat die Entscheidungen des Berichterstatters/Vorsitzenden schon deswegen nicht für anfechtbar erklärt, weil dies der Konzeption des § 155 Abs. 3, 4 und dem Zweck der Regelung, das Verfahren zu beschleunigen, widerspräche (vgl. Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 155 Rn. 45). Überdies handelt es sich bei § 178 um einen der analogen Anwendung nicht zugänglichen Ausnahmetatbestand.
2.3.2.4.2 Ausnahme Gegenvorstellung
Rz. 27
Anderes gilt für den außergerichtlichen Rechtsbehelf der Gegenvorstellung, sofern diese dem Grunde nach anerkannt wird (sehr str., vgl. § 143 Rz. 2b). Soweit hierzu die Auffassung vertreten wird, der Berichterstatter sei zuständig, wenn eine Änderung der Entscheidung möglich sei (Keller, SGG, § 155 Rn. 10; Rohwer-Kahlmann, SGG, § 153 Rn. 19), ist dem nicht zuzustimmen. Statt dessen ist zu differenzieren:
Rz. 28
Sofern die Gegenvorstellung nicht anerkannt und damit als nicht statthaft angesehen wird (hierzu vor § 143 Rz. 2b), kann der Vorsitzende/Berichterstatter dies dem Petenten durch formloses Schreiben mitteilen. Eine Verpflichtung, auf als nicht statthaft angesehene außergerichtliche "Rechtsbehelfe" durch Beschluss des Berichterstatters/Vorsitzenden zu reagieren, existiert nicht.
Rz. 29
Wird die Gegenvorstellung hingegen als statthafter außergerichtlicher Rechtsbehelf akzeptiert, ist zunächst maßgebend, ob verlangt wird, das Gericht müsse im Fall einer erfolglosen Gegenvorstellung in einem förmlichen Verfahren durch Beschluss entscheiden. Das ist zu verneinen. Eine Rechtsgrundlage hierfür gibt es nicht und kann es auch nicht geben. Daher kann auch bei diesem Ansatz mittels eines formlosen Schreibens durch den Vorsitzender/Berichterstatter dergestalt reagiert werden, der Inhalt der Gegenvorstellung sei zur Kenntnis genommen worden; es bestehe keine Anlass dazu, die Entscheidung abzuändern.
Rz. 30
Lediglich wenn die Gegenvorstellung als statthafter Rechtsbehelf angesehen wird und beabsichtigt ist, die Entscheidung des Vorsitzenden/Berichterstatters wegen "grober Fehlerhaftigkeit" (hierzu vor § 143 Rz. 2a) abzuändern, wird der Senat in der Besetzung mit den Berufsrichtern zu entscheiden haben, was sich wie folgt ergibt: Nach der Grundregel des § 33 Satz l SGG entscheidet des Senat des LSG in der Regel in der Besetzung mit dem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern. Ergeht die Entscheidung, wie im Fall einer als statthaft angesehenen Gegenvorstellung, außerhalb der mündlichen Verhandlung, wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit (§ 33 Satz 2 i. V. m. § 12 Abs. l Satz 2). Eine davon abweichende Bestimmung, welche die Zuständigkeit allein des Berichterstatters begründet, besteht nicht. Insbesondere liegt kein Fall des § 155 Abs. 4 i. V. m. § 155 Abs. 2 Nr. 5 vor, wenn sich die Gegenvorstellung z. B. gegen eine Kostenentscheidung richtet. Das vorbereitende Verfahren ist Teil eines anderen Verfahrens (z. B. des Berufungsverfahrens). Erledigt sich dieses Verfahren, ohne dass sich die Berufsrichter des Senats damit befassen mussten, entscheidet der Berichterstatter noch im vorbereitenden Verfahrens über die Kosten. Das Verfahren über die Gegenvorstellung ist dem nicht mehr zuzurechnen. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen auf dem Petitionsrecht (Art. 17 GG) fußenden Rechtsbehelf (LSG NRW, Beschluss v. 6.5.2010, L 18 [8] R 14/05), sofern er denn überhaupt als statthaft angesehen wird (vgl. oben Rz. 27, 28).