Rz. 10

Eine besondere Anhörungsmitteilung entsprechend § 105 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 153 Abs. 4 SGG ist anders als § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO nicht vorgeschrieben. Hieraus kann indessen nicht hergeleitet werden, dass keine Anhörung zu erfolgen hat. Die Pflicht zur Anhörung ergibt sich aus dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG bzw. § 62 SGG (Behn, NZS 1994 S. 481, 487; Benkel, NZS 1995 S. 289, 293; hierzu auch BT-Drs. 12/1217 S. 53). Dies gilt auch und vor allem dann, wenn die Berufung nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss verworfen werden soll (Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 158 Rn. 9). Die Anhörung muss zweierlei Bezugspunkte enthalten. Das LSG muss den Berufungskläger darauf hinweisen, dass die Berufung a) aus konkret zu benennenden Gründen unzulässig ist und b) beabsichtigt ist, im Beschlussverfahren zu entscheiden. Zutreffend wird zwar darauf verwiesen, dass das Gesetz letztgenannten Hinweis nicht verlangt (Keller, SGG, § 158 Rn. 8; Rohwer-Kahlmann, SGG, § 158 Rn. 8; vgl. auch LSG NRW, Beschluss v. 13.8.2007, L 9 SO 12/07), indessen folgt die Hinweispflicht aus dem Ausnahmecharakter der Norm i. V. m. § 62 (vgl. auch BSG, Beschluss v. 24.4.2008, B 9 SB 78/07 B, SozR 4-1500 § 158 Nr. 3, hierzu Spiolek, jurisPR-SozR 22/2008 Anm. 6).

 

Rz. 11

Das "Anhörungsschreiben" ist zuzustellen, da andernfalls der Zugang nicht nachgewiesen werden kann. Die Äußerungsfrist muss angemessen sein. Eine Entscheidung vor Ablauf der gesetzten Äußerungsfrist ist unzulässig (BVerwG, Urteil v. 12.2.1991, 1 C 20/90, NJW 1991 S. 2037; vgl. auch Frehse, SGb 2007 S. 509 zur Anhörung nach § 153 Abs. 4). Die unterbliebene oder unzureichende Anhörung ist ein wesentlicher, zur Zurückverweisung berechtigender Verfahrensfehler (BSG, a. a. O.).

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