1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift, die durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) mit Wirkung zum 2.1.2002 teilweise infolge der Änderung von § 11 (BT-Drs. 14/5943 S. 22), aber auch (klarstellend) inhaltlich geändert worden ist, nennt die Voraussetzungen in der Person des ehrenamtlichen Richters für eine Berufung. Dabei ist zwischen den als zwingend anzusehenden (§ 16 Abs. 1 bis 5) und den nicht zwingenden Voraussetzungen (§ 16 Abs. 6) zu unterscheiden. Die Regelung ist nicht abschließend, denn in § 9 des Gesetzes zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter v. 24.7.1992 (BGBl. I S. 1386) werden weitere Tatbestände genannt, bei deren Vorliegen eine Person nicht zum ehrenamtlichen Richter ernannt werden soll (insbesondere Stasi-Fälle). Die Regelungen in Abs. 1 und 6 betreffen alle ehrenamtlichen Richter. Die Abs. 2 bis 5 haben nur Geltung für ehrenamtliche Richter in Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung. Durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) ist mit Wirkung v. 1.4.2008 Abs. 3 ergänzt worden. Offensichtlich übersehen worden ist damals die notwendige Streichung der Worte "und der Arbeitsförderung" in Abs. 2. Denn aufgrund der Fassung von § 12 Abs. 5 ab 1.4.2008 waren die Kammern für Angelegenheiten der Arbeitsförderung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Arbeitnehmer und nicht der Versicherten zu besetzen. Durch das 2. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB-ÄndG) v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2933) ist Abs. 2 mit Wirkung zum 1.1.2009 aufgehoben worden. Dabei handelt es sich um eine Folgeregelung zur vorherigen Gesetzesänderung. Die Besetzung der Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung mit ehrenamtlichen Richtern ist in § 12 Abs. 2 geregelt. Durch das Gesetz zur Neuordnung der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze v. 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836) sind Abs. 3 Satz 2 aufgehoben und Abs. 4 Nr. 4 ergänzt worden. Das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) hat Abs. 4 mit Wirkung zum 1.7.2020 ergänzt.
2 Rechtspraxis
2.1 Zwingende persönliche Voraussetzungen
Rz. 2
§ 16 Abs. 1 nennt die Voraussetzungen, die jeder ehrenamtliche Richter erfüllen muss und zwar unabhängig davon, für welches Fachgebiet er berufen werden soll; § 16 Abs. 5 nennt dann die besonderen Voraussetzungen für ehrenamtliche Richter in den Fachkammern für Angelegenheiten der Arbeitsförderung. Die Absätze 3 und 4 bestimmen die Voraussetzungen für die Eigenschaft als ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Versicherten und Arbeitgeber. Der ehrenamtliche Richter muss Deutscher i. S. v. Art. 116 GG sein. Ferner ist die Vollendung des 25. Lebensjahres (LSG: 30. Lebensjahr – § 35; BSG: 35. Lebensjahr – § 47) erforderlich. Die Vollendung des 25. Lebensjahres erfolgt am 25. Geburtstag. Fraglich kann sein, zu welchem Zeitpunkt (Aufnahme in die Vorschlagsliste, Berufung, Beginn der Amtsperiode oder erste Amtsausübung) diese Voraussetzung erfüllt sein muss. Da die Rechte und Pflichten eines ehrenamtlichen Richters durch die Berufung mit Wirkung ab Beginn der Amtsperiode entstehen, ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Amtsperiode abzustellen. Insoweit sollte der Rechtsgedanke aus § 33 Nr. 1 GVG angewandt werden. Der Zeitpunkt der ersten Amtsübung ist nicht geeignet, da es von Zufälligkeiten abhängt, wann der ehrenamtliche Richter nach Beginn der Amtsperiode zur ersten Sitzung geladen werden muss. Ein Höchstalter wird durch das SGG nicht bestimmt. Es wäre aber sinnvoll, die Altersgrenze des § 33 Nr. 2 GVG (70. Lebensjahr) auch in das SGG einzufügen, was weiterhin nicht geschehen ist. Nicht ausdrücklich geregelt ist die gesundheitliche Leistungsfähigkeit als Voraussetzung. Dies ist (wohl) bewusst nicht geschehen, weil auch oder gerade beeinträchtigte Menschen als ehrenamtliche Richter mitwirken sollen. Eine Grenze ist lediglich da zu ziehen, wo der Betroffene unfähig ist (etwa infolge einer Demenz) das Amt auszuüben.
2.2 Versicherte
Rz. 3
Die Kammern (Senate) für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten nach § 6a BKGG und der Arbeitsförderung können nur besetzt werden mit ehrenamtlichen Richtern aus Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber (§ 12 Abs. 2). Versicherter ist, wer aufgrund einer Pflichtversicherung oder freiwilligen Versicherung einem Zweig der Sozialversicherung im weiteren Sinne angehört, ohne Arbeitgeber i. S. v. § 16 Abs. 4 zu sein (BSG, Urteil v. 15.10.1964, 7 RAr 63/63). Daneben gelten als Versicherte gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 auch Arbeitslose sowie Bezieher einer Rente aus eigener Versicherung. Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn der Versicherte vorübergehend durch den Verlust des Arbeitsplatzes nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und sich bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet h...