Rz. 34
Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde dient auch beim Zulassungsgrund der Divergenz nicht dazu, die von einem Beschwerdeführer angezweifelte inhaltliche Richtigkeit des LSG-Urteils – auch in Bezug auf die Beachtung und Einhaltung von Maßstäben nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung – nochmals allgemein überprüfen zu lassen; das bloße Berufen auf eine unrichtige Rechtsanwendung ist kein Zulassungsgrund. Eine Divergenzrüge lässt sich sonach mit bloßen Angriffen gegen die inhaltliche Richtigkeit der Berufungsentscheidung nicht begründen, denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist lediglich, ob die Revision zuzulassen ist, und nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl. BSG, Beschluss v. 24.5.2007, B 3 P 7/07 B m. w. N.). Eine Abweichung liegt dann vor, wenn das LSG einem vom BSG aufgestellten Rechtssatz widersprochen, also einen anderen abstrakten Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat, hingegen nicht schon dann, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat (vgl. BSG, Beschluss v. 27.1.1999, B 4 RA 131/98 B; BSG, Beschluss v. 29.11.1989, 7 BAr 130/88; BSG, Beschluss v. 15.8.2007, B 1 KR 65/07 B; BSG, Beschluss v. 1.9.2021, B 12 KR 27/21 B). Die Divergenzbeschwerde muss die entscheidungstragenden Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einer höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar seien; der Beschwerdeführer muss einen abstrakten Rechtssatz der vorinstanzlichen Entscheidung und einen abstrakten Rechtssatz aus einem höchstrichterlichen Urteil so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird (vgl. BSG, Beschluss v. 24.11.2006, B 8 KN 1/06 KR B).
Wird in der Beschwerde ein im Wege der Interpretation gewonnener Rechtssatz (Obersatz) eines Berufungsgerichts formuliert, mit dem das LSG angeblich abweicht, genügt dies nicht den Anforderungen. Das LSG-Urteil einerseits und die höchstrichterliche Entscheidung andererseits müssen vielmehr jeweils abstrakte Rechtssätze enthalten, die einander widersprechen (vgl. BSG, Beschluss v. 17.8.2011, B 6 KA 27/11 B).
Wird mit der Divergenzrüge die fehlerhafte Anwendung einer prozessualen Vorschrift gerügt, liegt darin zugleich die Rüge eines Verfahrensmangels (so BVerwG, Beschluss v. 12.4.2001, 8 B 2/01). Ob die Rechtsprechung des BVerfG in der von der Beschwerde vertretenen Weise auszulegen oder fortzuentwickeln ist, ist nicht Gegenstand einer Divergenzrüge i. S. v. § 160 Abs. 2 Nr. 2, sondern kann nur im Wege einer Grundsatzrüge nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 geltend gemacht werden (vgl. BSG, Beschluss v. 14.5.2007, B 1 KR 21/07 B).
Rz. 35
Für die Bezeichnung der Abweichung gemäß § 160a Abs. 2 Satz 3 ist die Angabe der Entscheidung des BSG, von der das LSG angeblich abgewichen ist, erforderlich und zwar mit Aktenzeichen, Datum oder Fundstelle, damit sie ohne große Schwierigkeiten auffindbar ist und dem Revisionsgericht keine unnötige Ermittlungsarbeit erwächst (vgl. BSG, Beschluss v. 22.8.1995, 11 BAr 85/95; BSG, Beschluss v. 29.9.1975, 8 BU 64/75). Ist ein Urteil nebeneinander auf mehrere Begründungen gestützt, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und formgerecht gerügt wird. Hierzu gehört hinsichtlich des Zulassungsgrundes der Divergenz die Darlegung, dass sich die Abweichung auf alle Begründungen auswirkt (vgl. BSG, Beschluss v. 19.6.1975, 12 BJ 24/75) oder dass hinsichtlich der anderen Begründungen andere Zulassungsgründe vorliegen (vgl. BSG, Beschluss v. 17.8.1998, B 14 EG 3/98 B).
Rz. 36
Rügt der Kläger lediglich die falsche Anwendung eines ansonsten vom LSG nicht bestrittenen Rechtssatzes, d. h. einen sog. Subsumtionsirrtum, reicht ein derartiges Vorbringen zur Bezeichnung der Divergenz nicht aus. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung (vgl. BSG, Beschluss v. 27.1.1999, B 4 RA 131/98 B; BSG, Beschluss v. 23.1.1997, 9 BV 145/96; BSG, Beschluss v. 29.11.1989, 7 BAr 130/88). Bezogen auf die Darlegungspflicht i. S. d. § 160a Abs. 2 Satz 3 bedeutet dies, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz im herangezogenen höchstrichterlichen Urteil enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl. BSG, Beschluss v. 7.7.1999, B 13 RJ 65/99 B).
Rz. 37
Dazu ist es notwendig,
- den von der höchstrichterlichen Rechtsprech...