Rz. 12
Auslegung von Verwaltungsakten
Anders als bei tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die das Revisionsgericht grundsätzlich gemäß § 163 gebunden ist, kann es die Auslegung von Verwaltungsakten frei nachprüfen, weil es sich insoweit um die rechtliche Würdigung der Erklärung und die richtige Anwendung von Auslegungsgrundsätzen handelt (vgl. BSG, Urteil v. 1.3.1979, 6 RKa 3/78). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Verwaltungsakt aufgrund einer Rechtsnorm ergangen ist, deren Geltungsbereich sich über den Bereich des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (vgl. BSG, Urteil v. 18.2. 1987, 7 RAr 41/85).
Rz. 13
Auslegungen eines Individualvertrags
Bei privatrechtlichen Verträgen kann das Revisionsgericht die Auslegung der Vorinstanzen nur auf die Verletzung revisiblen Rechts – d. h. auf die Vereinbarkeit der Auslegung mit dem als eindeutig erkannten Wortlaut, auf die Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln, auf Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Auslegungsmethodik, gegen allgemeine Erfahrungssätze und Denkgesetze sowie auf Unvollständigkeiten bei der Verwertung der auslegungsrelevanten Sachverhaltsumstände – überprüfen (vgl. BSG, Urteil v. 3.3.1999, B 6 KA 18/98 R; BSG, USK 93118 S. 599; BSGE 75 S. 92, 96; BSG, SozR 3-2200 § 1265 Nr. 13 S. 89/90).
Rz. 14
Auslegung von landesweit geltenden Verträgen
Die Auslegung einer Vereinbarung zwischen den Heilmittelerbringern und den Krankenkassen durch das LSG ist nach § 162 für das Revisionsgericht bindend, wenn die Vereinbarung als nur im Bezirk des Berufungsgerichts geltendes Regelungswerk zum Bereich des revisionsrechtlich grundsätzlich nicht überprüfbaren Landesrechts gehört (vgl. BSG, Urteil v. 17.4.1996, 3 RK 19/95).
Rz. 15
Feststellung, Anwendung und Auslegung des nichtrevisiblen Rechts
Das Revisionsgericht ist zur Feststellung, Anwendung und Auslegung einer Norm (hier: Hochschulnebentätigkeitsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen) des nichtrevisiblen Rechts dann befugt, wenn sie vom Berufungsgericht völlig unberücksichtigt gelassen worden ist (vgl. BSG, Urteil v. 1.7.1998, B 6 KA 11/98 R; vgl. auch Rz. 6).
Ebenso ist die Revisionsinstanz an die Feststellungen des Berufungsgerichts zum ausländischen Recht dann nicht gebunden, wenn Rechtsnormen übersehen wurden (vgl. BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 RA 24/91; BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 RA 40/91; BSG, Urteil v. 21.6.1989, 1 RA 1/87).
Rz. 16
Verletzung von Bundesrecht
Die Entscheidung des LSG verletzt Bundesrecht (§ 162), wenn entgegen § 136 Abs. 1 Nr. 6 Entscheidungsgründe dazu fehlen, weshalb der Kläger den Kinderzuschuss für einen bestimmten Zeitraum "ohnehin nicht mehr geltend macht", obwohl er ausdrücklich erklärt hat, er halte die Berufung insoweit aufrecht, und ferner den Antrag auf Verurteilung der Beklagten gestellt hat, den Kinderzuschuss "auch" für einen späteren Zeitraum zu gewähren (vgl. BSG, Urteil v. 10.5.1994, 4 RA 5/93).
Der unbestimmte Rechtsbegriff "Schwerpflegebedürftigkeit" ist auch vom Revisionsgericht im Grundsatz voll überprüfbar, d. h. dahingehend revisibel, ob die vom Tatsachengericht aufgrund der festgestellten Tatsachen vorgenommene Subsumtion unter diesen Rechtsbegriff zutreffend ist (vgl. BSG, Urteil v. 9.3.1994, 3/1 RK 7/93).
Begründet das Tatsachengericht die Auslegung von Landesrecht mit der Annahme, die nach Wortlaut und Sinn der Regelung an sich gebotene anderweitige Auslegung verstoße gegen Bundesrecht, so ist die Auslegung des Bundesrechts revisibel, obgleich die Anwendung bundesrechtlicher Auslegungsgrundsätze nicht revisibel ist (vgl. BSG, Urteil v. 3.11.1993, 14b REg 6/93).
In den Fällen, in denen ein nichtrevisibles Landesgesetz auf ein revisibles Gesetz verweist, ist angewendetes Gesetz grundsätzlich nur das nichtrevisible Landesgesetz. Eine Ausnahme ist lediglich dann zu machen, wenn das Landesgesetz die an sich revisible Vorschrift nicht als Landesrecht qualifiziert sehen will, sondern gerade als Bundesrecht übernehmen wollte (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.1990, 5 RJ 53/88; BSG, Urteil v. 5.12.1989, 5 RJ 7/88).
Rz. 17
Ausländisches Recht
Die Revisionsinstanz ist an die Feststellungen des Berufungsgerichts zum ausländischen Recht dann nicht gebunden, wenn Rechtsnormen übersehen wurden (vgl. BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 RA 24/91; BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 RA 40/91; BSG, Urteil v. 21.6.1989, 1 RA 1/87).
Die Entscheidung des LSG über einen nach ausländischem Recht bestehenden Unterhaltsanspruch ist nicht revisibel (vgl. BSG, Urteil v. 30.5.1984, 5a RKn 17/83).
Die Anrechenbarkeit freiwilliger Beiträge zur türkischen Rentenversicherung auf die Wartezeit richtet sich nach den türkischen Rechtsvorschriften, die die Anrechnungsfähigkeit bestimmen. Bestehen und richtige Anwendung dieser (ausländischen) Rechtsvorschriften sind nicht revisibel (vgl. BSG, Urteil v. 7.7.1998, B 5 RJ 2/98 R).
Führt die Anwendung deutschen oder fremden Rechts nicht zu verschiedenen Ergebnissen, kann es für die Revision, anders als in der Berufungsinstanz (wegen der alleinigen Revisibilität des deuts...