2.2.1 Antrag
Rz. 7
Die Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens ist abhängig von einem Antrag, der bei einem nach § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. § 584 ZPO für die Wiederaufnahme des Verfahrens zuständigen Gericht zu stellen ist (§ 180 Abs. 3 Satz 1).
Antragsberechtigt ist, wer durch einen Verwaltungsakt oder ein Urteil beschwert ist.
Bei einem positiven Konflikt nach § 181 Abs. 1 Nr. 1 sind der Versicherungsträger und das Land (§ 180 Abs. 2) antragsberechtigt. Bei einem negativen Konflikt nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 ist der Leistungsberechtigte antragsberechtigt.
2.2.2 Verständigung und Abgabe, § 180 Abs. 3 Satz 2, 3
Rz. 8
Das angerufene Gericht verständigt die am Wiederaufnahmeverfahren Beteiligten und die Gerichte, die über den Anspruch entschieden haben. Die Verständigung muss eine kurze Darstellung des Sachverhalts enthalten und ist zuzustellen. Durch die Verständigung wird ein Beteiligtenverhältnis kraft Gesetzes begründet. Die anderen Versicherungsträger oder ein Land werden nicht als Beigeladene, sondern als Beklagte zum Verfahren herangezogen.
Nach der Zustellung der Verständigung gibt das angerufene Gericht die Wiederaufnahmeklage an das gemeinsam nächsthöhere Gericht zur Entscheidung ab (§ 180 Abs. 3 Satz 3).
2.2.3 Durchführung des Wiederaufnahmeverfahrens (§ 180 Abs. 4)
Rz. 9
Für die Durchführung des Verfahrens gelten die Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend. Die §§ 585, 586, 589 bis 591 ZPO sind entsprechend anwendbar (vgl. zu § 586 ZPO LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 28.5.1969, L 3 U 55/66). Vor dem Bundessozialgericht besteht Vertretungszwang.
Das Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 vor dem zur Entscheidung berufenen Gericht gliedert sich in 3 Verfahrensabschnitte:
- die Prüfung der Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags (im Fall der Unzulässigkeit wird der Wiederaufnahmeantrag zurückgewiesen);
- die Prüfung der Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags (Feststellung eines Zuständigkeitskonflikts nach § 180 Abs. 1, 2);
- die Entscheidung in der Sache, § 180 Abs. 4.
Das zur Entscheidung berufene Gericht hebt die entgegenstehenden Entscheidungen auf und bestimmt den Leistungspflichtigen. Im Fall des positiven Konflikts kann ggf. genügen, ein Anerkenntnis oder Urteil aufzuheben. Bei einem negativen Konflikt kann ausreichen, nur die Entscheidung gegen den Leistungspflichtigen aufzuheben und diesen zur Leistung zu verurteilen.
2.2.4 Zuständigkeit
Rz. 10
Der Wiederaufnahmeantrag ist bei einem Gericht einzureichen, das nach § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. § 584 ZPO zuständig wäre, wenn wegen jeder der vorliegenden Entscheidungen getrennt ein Wiederaufnahmeverfahren betrieben würde. Bei einem bindend gewordenen Verwaltungsakt ist darauf abzustellen, welches Gericht für die Wiederaufnahme nach § 179 Abs. 1 SGG i.V.m § 584 ZPO zuständig wäre, wenn über den Bescheid ein Sozialgericht entschieden hätte (BSG, Urteil v. 26.11.1959, 8 RV 509/58). Bei einander sachlich widersprechendem Urteil und Verwaltungsakt kann der Wiederaufnahmeantrag bei dem für die Klage gegen den Verwaltungsakt zuständigen Gericht gestellt werden.
Rz. 11
Für die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag ist das gemeinsame nächsthöhere Gericht zuständig (§ 180 Abs. 3 Satz 3), an das der Antrag abzugeben ist. Dies ist bei divergierenden Entscheidungen von Sozialgerichten eines Landes das Landessozialgericht, bei Entscheidungen von Gerichten verschiedener Länder bzw. eines Sozialgerichts und eines Landessozialgerichts eines Landes, das Bundessozialgericht (BSG, Urteil v. 27.4.1961, S 2 1/60). Entscheidungen verschiedener Gerichte liegen nur vor, wenn die Spruchkörper verschiedener Gerichte entschieden haben. Bei Entscheidungen verschiedener Spruchkörper eines Gerichts bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan (BSG, Beschluss v. 14.12.1966, 8 RV 1049/65).
Bei Vorliegen eines Urteils des Sozialgerichts und eines davon sachlich divergierenden Verwaltungsakts bleibt das Sozialgericht zuständig, wenn es für eine Klage gegen den Verwaltungsakt zuständig wäre. Die Abgabe an das Landessozialgericht als nächsthöheres Gericht ist in einem solchen Fall nicht erforderlich (BSG, Urteil v. 29.11.2006, B 12 KR 30/05 R). Dies gilt auch für das Landessozialgericht (BSG, Urteil v. 27.4.1961, S 2 1/60). Wenn mehrere sich widersprechende bindende Verwaltungsakte vorliegen und für die Klagen gegen diese bindenden Verwaltungsakte mehrere Sozialgerichte zuständig wären, ist die Wiederaufnahmeklage an das Landessozialgericht als nächsthöheres Gericht abzugeben.