1 Allgemeines
Rz. 1
In § 181 ist ein besonderes Wiederaufnahmeverfahren geregelt. Hinsichtlich Sinn und Zweck des Verfahrens vgl. § 180 Rn. 1.
Rz. 2
§ 181 ist durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) redaktionell geändert worden. Das Verfahren nach § 181 soll verhindern, dass eine gerichtliche Entscheidung ergeht, die mit einem bereits erlassenen unanfechtbaren Verwaltungsakt oder rechtskräftigen Urteil im Widerspruch steht. Es soll ein negativer Konflikt verhindert werden.
§ 182 ist eine Sondervorschrift zu § 181.
2 Rechtspraxis
2.1 Voraussetzungen
Rz. 3
Die Vorschrift des § 181 bietet für die Fälle, in denen das Gericht die Frage der Passivlegitimation anders als in einer bindenden Entscheidung beantworten will, die verfahrensrechtliche Handhabe, eine bindende Entscheidung zu beseitigen (BSG, Urteil v. 31.5.1988, 2 RU 67/87). Für die Anwendung des § 181 ist maßgebend, dass das Gericht einen anderen als den beklagten Versicherungsträger oder das beklagte Land als Träger des sozialen Entschädigungsrecht (§ 181 Satz 2, § 180 Abs. 2) für die Gewährung der Leistung sachlich zuständig hält und in einer bindenden Entscheidung die Leistungspflicht des anderen wegen fehlender Zuständigkeit (Passivlegitimation) abgelehnt worden ist. Beruht die Ablehnung der Leistungspflicht in der bindenden Entscheidung nicht auf der fehlenden Zuständigkeit des Versicherungsträgers oder des Landes, sondern ist die Leistung wegen des Fehlens einer anderen Anspruchsvoraussetzung verneint worden, ist § 181 nicht einschlägig (BSG, Urteil v. 21.5.1980, 7 RAr 19/79, BSGE 50 S. 111; BSG, Urteil v. 13.8.1981, 11 RA 56/80, SozR 1500 § 75 Nr. 38; BSG, Urteil v. 29.11.2006, B 12 KR 30/05 R). Dem Berechtigten steht in einem solchen Fall – Verneinung der Passivlegitimation des beklagten Versicherungsträgers oder des Landes durch das Gericht und Verneinung der Leistungspflicht des vom Gericht für zuständig gehaltenen Versicherungsträgers/Landes aus anderen Gründen durch bindende Entscheidung – nur das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X offen ( LSG Bayern, Urteil v. 20.10.2005, L 4 KR 181/02). Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschrift auf Träger der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende (siehe Kommentierung zu § 180 Rz. 2).
Rz. 4
Im Rahmen des § 181 ist ein bindender (unanfechtbarer) Verwaltungsakt einem rechtskräftigen Urteil gleichgestellt. Es muss sich um denselben Anspruch handeln, der nur einmal zu erfüllen ist. Zum Begriff "denselben Anspruch" vgl. § 180 Rn. 4.
2.2 Verfahren
Rz. 5
Das Verfahren wird von Amts wegen eingeleitet. Das Gericht verständigt durch Beschluss mit kurzer Darstellung des Sachverhalts den Versicherungsträger oder das Land, welches er für zuständig hält. Die Verständigung begründet kraft Gesetzes ein Beteiligtenverhältnis. Das Gericht entscheidet selbst oder gibt die Streitsache durch Beschluss an das gemeinsam nächsthöhere Gericht ab. Zum Begriff "gemeinsam nächsthöheres Gericht" vgl. § 180 Rn. 10. Die Abgabe ist nur zulässig, wenn das Gericht den anderen Versicherungsträger oder das Land für leistungspflichtig hält, die Annahme einer Möglichkeit genügt nicht (LSG NRW, Urteil v. 23.2.1987, L 17 U 17/65, Breithaupt 1968 S. 630).
Rz. 6
Das angerufene Gericht prüft selbständig, ob die Abgabe zulässig ist. Es kann den Abgabebeschluss aufheben und die Streitsache zurückverweisen. Das zuständige Gericht hebt die sachlich entgegenstehende Entscheidung auf und bestimmt den Leistungspflichtigen (§ 181 Satz 2, § 180 Abs. 4). Auf das Verfahren sind die Vorschriften des Wiederaufnahmeverfahrens nach § 179 Abs. 1 anwendbar (§ 181 Satz 1, § 180 Abs. 5). Die §§ 585, 590, 591 ZPO sind anwendbar. Die Vorschrift des § 586 ZPO über die Klagefristen gilt jedoch nicht, da es sich um ein Verfahren von Amts wegen handelt (BSG, Urteil v. 25.1.1973, 2 RU 170/71, SozR § 181 Nr. 3).