2.1 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

§ 184 ist in Verfahren anwendbar, in denen eine nach § 183 kostenprivilegierte Person am Verfahren beteiligt ist, d. h. eine in § 183 genannte Person als Kläger oder Beklagter am Verfahren teilnimmt. In Verfahren, in denen eine nach § 183 kostenprivilegierte Person nicht als Kläger oder Beklagter beteiligt ist, gilt das Kostensystem des § 197a – das System der streitwertbezogenen Gebühren, in dem Pauschgebühren nicht anfallen. Die Teilnahme einer nach § 183 kostenprivilegierten Person als Beigeladene am Verfahren ist nicht ausreichend, um die Anwendbarkeit des Kostensystems der §§ 184 bis 190 zu begründen (§ 197a Abs. 2).

2.2 Gebührenpflichtige

 

Rz. 3

Nach der Neufassung des § 184 ist die Pauschgebührenpflicht eines Beteiligten nicht mehr von seiner Rechtsnatur – Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 184 a. F.) – abhängig, sondern sie wird durch die Stellung im Verfahren begründet. Eine Pauschgebühr wird nicht erhoben von

  • den in § 183 genannten Personen und
  • Beigeladenen (BT-Drs. 14/5943 S. 28).
 

Rz. 4

Die übrigen Verfahrensbeteiligten – Kläger oder Beklagte –, die nicht zu den kostenprivilegierten Personen nach § 183 gehören, sind pauschgebührenpflichtig.

Zu den Gebührenpflichtigen gehören u. a.

2.3 Freistellung von der Kostenpflicht

 

Rz. 5

§ 2 GKG, der die Befreiung von Kosten im GKG regelt, gilt entsprechend für die Erhebung der Pauschgebühr (§ 184 Abs. 3). Der von § 2 GKG erfasste Personenkreis wird als Gebührenpflichtiger von der Zahlung der Pauschgebühr freigestellt. Dazu gehören vor allem der Bund und die Länder mit ihren nachgeordneten Behörden. Kommunale Gebietskörperschaften unterfallen – auch im übertragenen Wirkungskreis – diesem Befreiungstatbestand nicht (vgl. BSG, Beschluss v. 29.5.2013, B 13 SF 1/13 S; LSG Thüringen, Beschluss v. 10.3.2014, L 6 SF 1846/13 E; a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 11.5.2017, L 2 SF 282/16 E). Weiteres zum Personenkreis des § 2 GKG vgl. § 197a Rz. 19 ff. Des Weiteren sind nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X die Träger der Sozialhilfe, der Leistungen nach dem SGB XII und dem AsylbLG, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge von der Pauschgebührenpflicht befreit. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II sind seit dem 1.8.2006 nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Entrichtung der Pauschgebühr befreit. Dies gilt auch für die Träger, die Aufgaben der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach rechtsgeschäftlich Übertragung entsprechend § 44b Abs. 4 SGB II wahrnehmen (LSG Hessen, Beschluss v. 27.5.2016, L 2 SF 15/16). Die Bundesagentur für Arbeit ist als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X kostenbefreit, wenn sie in dem zugrunde liegenden Verfahren eine Aufgabe im Rahmen des Vollzugs des SGB II wahrnimmt (BSG, Beschluss v. 19.2.2018, B 6 SF 3/17 S). Eine Pauschgebühr fällt für die Kassenärztliche Vereinigung und Kassenzahnärztliche Vereinigung in Verfahren nach § 43b SGB V – Klage gegen die Verpflichtung zur Zuzahlung nach § 28 Abs. 4 SGB V – nicht an, wenn dem Kläger ein Kostenbeitrag nach § 192 Abs. 2 auferlegt wird (vgl. Komm. zu § 192 Rz. 15.)

2.4 Gebührentatbestand

 

Rz. 6

Die Pauschgebühr fällt für jede Streitsache an. Gebührenrechtlich ist unter einer Streitsache jedes bei einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit anhängige Verfahren – der Rechtsstreit als Ganzes – zu verstehen, das durch eine Klageerhebung, Rechtsmitteleinlegung oder die Stellung eines Antrags in einem selbständigen Verfahren eingeleitet wird (BSG, Beschlüsse v. 29.6.2020, B 5 SF 9/20 S, v. 16.2.1971, 4 RJ 209/68, und v. 19.12.1973, 5 S 1/75). Der Begriff der Streitsache ist nicht streitgegenstandsbezogen zu verstehen (SG Fulda, Beschluss v. 29.8.2014, S 1 SF 33/14). Für jedes Verfahren entsteht eine Gebühr in jeder Instanz, unabhängig von der Zahl der im Verfahren verfolgten Ansprüche oder wie viele Personen an ihm beteiligt sind (objektive oder subjektive Klagehäufung; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 8.9.2008, L 1 SK 9/08). § 184 zielt darauf ab, das Tätigwerden eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit in jeder Instanz mit einer Gebühr abzugelten.

 

Rz. 7

Die Einbeziehung eines Verwaltungsakts nach § 96 in ein Verfahren begründet keinen neuen Gebührentatbestand, da die Rechtswirkungen des § 96 innerhalb eines Rechtsstreits eintreten. Dies gilt nicht für den Fall des § 171 Abs. 2. Ein im Revisionsverfahren erteilter Verwaltungsakt gilt als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten und eröffnet somit ein neues Verfahren.

 

Rz. 8

Neben Klageverfahren, einschließlich...

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