Rz. 4
Das Gericht ist nach § 193 Abs. 1 Satz 1, 1. HS von Amts wegen verpflichtet, in jedem Urteil und in jeder einem Urteil gleichstehenden Entscheidung eine Kostenentscheidung von Amts wegen zu treffen. Unter einem Urteil im Sinne des § 193 Abs. 1 Satz 1, 1. HS ist jedes (End)urteil, welches das Verfahren für einen Beteiligten in einer Instanz vollständig erledigt, zu verstehen. Der Antrag eines Beteiligten ist nicht erforderlich. Beim Fehlen einer Kostenentscheidung ist die Entscheidung auf Antrag nach § 140 zu ergänzen. Der Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung fordert, dass eine Entscheidung über die Kostentragung die Kosten eines Rechtsstreites, d. h. alle Kosten, die bis zum Abschluss des Verfahrens instanzübergreifend entstanden sind, umfasst (vgl. BSG, Urteile v. 18.7.1989, 10 RKg 22/98, v. 20.10.2010, B 13 R 15/10 R, und v. 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R m. w. N.; LSG Bayern, Beschluss v. 10.10.1996, L 5 B 198/95 AR). Hierzu zählen auch die Kosten eines Vorverfahrens, das dem Gerichtsverfahren vorausgegangen ist (vgl. Rz. 18). Durch die Klageerhebung wird einer im Widerspruchsbescheid enthaltenen Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs. 1 SGB X die Grundlage entzogen und erledigt sich i. S. v. § 39 Abs. 2 SGB X. Die gerichtliche Kostenentscheidung ersetzt in vollem Umfang die behördliche Kostenentscheidung (BSG, Urteil v. 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R m. w. N.; BVerwG, Urteil v. 29.6.2006, 7 C 14/05). Dies gilt auch für die Kosten eines Vorverfahrens gegen einen Verwaltungsakt, der nach § 96 in ein anhängiges Gerichtsverfahren einbezogen wird (BSG, Urteil v. 20.10.2010, B 13 R 15/10 R). Falls sich die Klage nur gegen die Kostenentscheidung nach § 63 SGB X richtet, sind die Kosten des isolierten Widerspruchsverfahrens Streitgegenstand des Verfahrens. Die Einheitlichkeit der Kostenentscheidung bezieht sich nicht auf den Inhalt der Kostenentscheidung; der Umfang der Kostenerstattung ist für jede Instanz gesondert zu prüfen (BSG, Urteil v. 24.3.2022, B 10 ÜG 2/20 R).
Der Kostentenor kann wie folgt lauten:
(bei stattgebender Entscheidung)
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers
oder
(bei abweisender Entscheidung)
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
oder
(bei kombinierter Kostenentscheidung; objektive Klagehäufung)
Der Kläger trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten des Verfahrens, soweit er die Zahlungsklage aus fremdem Recht erhoben hat.
Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten der Beteiligten nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auf … EUR festgesetzt.
Einem Endurteil stehen ein Gerichtsbescheid (§ 105), urteilsersetzende Beschlüsse nach §§ 153 Abs. 4, 158, 169, 145 Abs. 4 und 160a Abs. 4 sowie Entscheidungen in selbstständigen Antrags- und Beschwerdeverfahren nach §§ 86b, 178a, 197 Abs. 2, 199 Abs. 2 und Abs. 3 und 201 (vgl. zu Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz BSG, Urteil v. 30.3.1993, 3 RK 1/93; BSG, Beschluss v. 6.9.1996, 6 RKa 25/91; zu Entscheidungen nach § 178a: BSG, Beschluss v. 25.2.2010, B 11 AL 22/09 C; LSG Bayern, Beschluss v. 21.7.2014, L 7 AS 500/14 RG; zu Entscheidungen nach § 199 Abs. 2: BSG, Beschluss v. 6.8.1999, B 4 RA 25/98 B; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 6.1.2014, L 5 AR 53/13 R ER) gleich. Die Entscheidungen müssen grundsätzlich eine Kostenentscheidung von Amts wegen enthalten. Dies gilt nicht im Fall der positiven Entscheidung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren; über die Kosten des erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird im Rahmen der Entscheidung über das Rechtsmittel mitentschieden (BSG, Beschluss v. 1.12.1988, 8/5a RKn 11/87; BSG, Urteil v. 18.7.1989, 11 RAr 85/88). Auch ist eine Kostenentscheidung nicht erforderlich, wenn die Kosten nicht erstattungsfähig sind (z. B. § 127 Abs. 4 ZPO).
Die Kostenentscheidung des Rechtsmittelgerichts beschränkt sich bei einem unzulässigen oder unbegründeten Rechtsmittel auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens (BSG, Beschluss v. 1.4.2019, B 1 KR 1/19 B). Bei einer Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung und einer Entscheidung in der Sache umfasst die Kostenentscheidung des Rechtsmittelgerichts die Kosten aller Instanzen. Das Verbot der reformatio in peius findet keine Anwendung (vgl. Rz. 5). Im Fall der Erledigung der Hauptsache im Rechtsmittelverfahren ist bei einer Entscheidung nach § 193 Abs. 1 Satz 3 über die gesamten Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu entscheiden (BSG, Beschlüsse v. 7.9.1998, B 2 U 10/98 R – übereinstimmende Erledigungserklärung, v. 19.1.1999, B 7 AL 62/98 R – Klagerücknahme, und v. 16.5.2007, B 7b AS 40/06 R). Umstritten ist, ob im Fall der Erledigung der Hauptsache im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren sich die Kostenentscheidung auf die gesamten Kosten des Rechtsstreits oder nur auf die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erstreckt (verneinend für den Fall der Klagerücknahme im Verfahren nach § 160a: BSG, Beschluss v. 12.9.2011, B 14 AS 25/11 B; bejahend für den Fall der übereinstimme...