Rz. 13

Bei anderweitiger Erledigung des Verfahrens i. S. v. § 193 Abs. 1 Satz 3 ist die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen. Das Gericht kann einem Beteiligten die Kosten eines anderen Beteiligten ganz oder teilweise (Angabe von Bruchteilen) auferlegen oder feststellen, dass eine Erstattung nicht stattfindet bzw. ein Beteiligter von der Kostenerstattung ganz oder teilweise ausgenommen ist. Es kann den Betrag, der zu erstatten ist, in der Entscheidung schon beziffern. Bei der Entscheidung sind die mutmaßlichen Erfolgsaussichten des Klagebegehrens sowie die Gründe für die Klageerhebung und der Erledigung zu prüfen (BSG, Beschlüsse v. 16.1.2019, B 7 AY 2/17 R, v. 13.12.2016, B 4 AS 14/15 R; v. 12.9.2011, B 14 AS 25/11 B, und v. 16.5.2007, B 7b AS 40/06 R). Dabei ist vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses auszugehen. In erster Linie ist der Verfahrensausgang bzw. der mutmaßliche Verfahrensausgang maßgebend, sodass im Zweifel derjenige die Kosten trägt, der unterliegt. Bei unbezifferten, unbestimmten und/oder nach oben offenen Anträgen eines Beteiligten ist zu prüfen, ob der Beteiligte sein Begehren im Laufe des Verfahrens konkretisiert hat (vgl. zu § 63 SGB X: BSG, Urteil v. 12.6.2013, B 14 AS 68/12 R) bzw. das Verfahren nach einem (Teil-)Anerkenntnis des Prozessgegners mit dem Ziel fortgeführt hat, eine für ihn günstigere Entscheidung zu erreichen. Eine nach oben offene Antragsstellung ist u. a. im Bereich des Schwerbehinderten- oder Unfallversicherungsrechts üblich, da sich die Höhe des GdB bzw. der MdE nicht errechnen lässt, sondern das Ergebnis einer Bewertung ist (vgl. BSG, Urteil v. 9.8.1995, 9 RVs 7/94). Ebenso handelt es sich bei dem Antrag auf Bewilligung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften um einen unbestimmten Antrag. Deshalb trägt der Rentenversicherungsträger im Regelfall die vollen Kosten des Verfahrens, wenn er erstmals im Verfahren eine Rente auf Zeit anerkennt und der Kläger das Anerkenntnis annimmt. Bei der Bewilligung einer Rente auf Zeit handelt es sich nach § 102 Abs. 2 SGB VI um den Regelfall (LSG Brandenburg, Beschluss v. 3.11.2006, L 1 B 1231/06 R). Der Veranlassungsgrundsatz oder die Änderung der Sach- und Rechtslage während des Verfahrens kann Anlass für eine vom Verfahrensausgang abweichende Kostenregelung geben (vgl. Rz. 11 f.).

Die nach einem Vergleichsabschluss zu treffende Kostenentscheidung hat sich am Inhalt der vergleichsweisen Einigung zu orientieren, wenn diese dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht erkennbar widerspricht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.9.1992, L 5 Ar 93/92; Bay LSG, Beschluss v. 11.7.2000, L 18 B 139/00 SB). Bei einem Teilvergleich ist der Gedanke der Regelung des § 195 mitzuberücksichtigen.

Zudem muss bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden, ob sich ein Beteiligter einem Kostenanspruch freiwillig unterworfen hat, z. B. durch einen außergerichtlichen Vergleich oder ein Teilkostengrundanerkenntnis. Erkennt ein Beteiligter freiwillig einen Kostenanspruch an, ist dies bei der Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 Satz 3 zu berücksichtigen mit der Folge, dass ihm in Anwendung des über § 202 heranzuziehenden Grundgedankens des § 307 ZPO ohne weitere Sachprüfung die Kosten aufzuerlegen sind (BSG, Beschluss v. 26.3.1992, 7 RAr 104/90; vgl. Komm. zu § 101 Rz. 40). Den Beteiligten ist vor der Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren (BVerfG, Beschluss v. 17.4.2020, 1 BvR 2310/19).

 

Rz. 14

Bei der Kostenentscheidung ist auf den Inhalt der Akten, den unstreitigen Vortrag der Beteiligten und den Inhalt von Urkunden abzustellen. Eine Pflicht zur weiteren Beweiserhebung besteht nicht. Die Prüfung des mutmaßlichen Verfahrensausgangs erfolgt summarisch (BSG, Beschluss v. 25.5.1957, 6 RKa 16/54). Wenn zum Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache der Streitstand noch völlig ungeklärt ist, kann eine Kostenverteilung zu gleichen Anteilen angemessen sein (BSG, Beschlüsse v. 7.9.1998, B 2 U 10/98 R, und v. 8.12.1992, 11 RA 39/91; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 1.11.2005, L 13 B 5/05 SB). Falls die Beurteilung des mutmaßlichen Ausgangs des Verfahrens von der Auslegung umstrittener Rechtsfragen abhängt, kann das Gericht davon absehen, zu allen für den Verfahrensausgang bedeutsamen Rechtsfragen Stellung zu nehmen (BSG, Beschluss v. 25.5.1957, 6 RKa 16/54).

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