Rz. 92
§ 162 VwGO betrifft das Kostenfestsetzungsverfahren. Die Bestimmung regelt, welche Kosten der Beteiligten erstattungsfähig sind, also welche Kosten von dem Kostenschuldner nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung zu erstatten sind. Erstattungsfähige Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und -verteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten (persönliche Kosten und Bevollmächtigtenkosten) einschließlich der Kosten des Vorverfahrens (§ 162 Abs. 1 VwGO). Nach § 162 Abs. 2 VwGO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts und Rechtsbeistands im gerichtlichen Verfahren, auch die des Beigeladenen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 26.7.2010, OVG 1 K 60.09), stets erstattungsfähig (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO). In eng begrenzten Ausnahmefällen besteht eine Kostenerstattungspflicht nicht, wenn die Heranziehung eines Rechtsanwalts gegen Treu und Glauben verstößt. Dies ist der Fall, wenn die anwaltliche Vertretung für den Beteiligten offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, z. B. wenn eine Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts auf eine ersichtlich unzulässige oder aus sonstigen Gründen offensichtlich aussichtslose Klage mit anwaltlicher Hilfe reagiert hat oder etwa bei der Beauftragung des Bevollmächtigten zu erkennen war, dass das Verfahren bereits beendet war und es deshalb keiner anwaltlichen Vertretung mehr bedurfte (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 26.7.2010, OVG 1 K 60.09; siehe auch OVG Sachsen, Beschluss v. 16.2.2010, 5 E 1/10).
Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands in einem Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Insoweit trifft § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO normierte, damit kraft Gesetzes angeordnete Notwendigkeit von Rechtsanwaltsgebühren und -auslagen für das Vorverfahren eine eigene und einschränkende Regelung. Der Ausspruch muss im Tenor des Urteils oder durch einen gesonderten Beschluss ergehen. Die Entscheidung kann auf Antrag nachgeholt werden (BVerwG, Urteil v. 29.6.2006, 7 C 14/05), da sie nicht Bestandteil der gerichtlichen Kostengrundentscheidung nach § 161 Abs. 1 VwGO ist, sondern das Kostenfestsetzungsverfahren betrifft (BVerwG, Urteil v. 29.6.2006, 7 C 14/05). Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist in der Regel geboten, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seinen persönlichen Verhältnissen (Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen) und wegen der Schwierigkeit der Sache unzumutbar war, das Verfahren selbst zu führen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist in der Regel zu bejahen, da der Bürger nur in Ausnahmefällen in der Lage ist, selbst seine Rechte gegenüber der Verwaltung ausreichend zu wahren (BSG, Urteile v. 20.11.2001, B 1 KR 21/00 R, und v. 31.5.2006, B 6 KA 78/04 R; BVerwG, Urteil v. 24.8.2009, 2 A 8/08, und Urteil v. 8.12.2009, 1 WB 61/09; VGH Bayern, Beschluss v. 5.10.2010, 3 B 09.1490). Als außergerichtliche Kosten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden sind Gerichtskosten, Bevollmächtigtenkosten, Reisekosten für die Wahrnehmung eines Termins durch einen Bediensteten, Kosten für Post- und Telekommunikationsleistungen und Schreibauslagen erstattungsfähig. Der Zeitaufwand für die Wahrnehmung eines Termins durch einen Bediensteten ist nicht erstattungsfähig (BVerwG, Beschluss v.29.12.2004, 9 KSt 6/04; BGH, Beschluss v. 7.5.2014, XII ZB 630/12 zur Nichtanwendbarkeit der §§ 19 ff. JVEG). Allgemeine Verwaltungskosten, Kosten für das Verwaltungsverfahren und die Kosten für die Prozessvertretung durch eigene Bedienstete sind nicht erstattungsfähig.
Der Regelungsinhalt der Vorschriften § 162 Abs. 1 und 2 VwGO ist bis auf die Zuordnung der Gerichtskosten zu den Verfahrenskosten identisch mit dem der Vorschriften § 193 Abs. 2 und 3. Auf die entsprechende Kommentierung zu § 193 wird Bezug genommen.