1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch Art. II § 30 des SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) eingefügt worden. Sie regelt die Zuständigkeit und das Verfahren für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen auf Ersuchen einer Behörde nach § 22 SGB X.
2 Rechtspraxis
2.1 Zuständigkeit
Rz. 2
Örtlich zuständig für die Vernehmung ist das Sozialgericht des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes des Zeugen oder des Sachverständigen (§ 22 Abs. 1 SGB X). Bei mehreren zuständigen Gerichten kann die Behörde wählen. Die Durchführung des Ersuchens obliegt abweichend von § 10 innerhalb des Gerichts nicht der Kammer, sondern der Berufsrichter wird als Einzelrichter tätig. Der Einzelrichter und dessen Vertreter sind durch Geschäftsverteilungsplan des Gerichts zu bestimmen (§§ 6, 21e GVG).
2.2 Verfahren
Rz. 3
Die formalen Voraussetzungen eines Ersuchens sind in § 22 SGB X geregelt. Eine Behörde kann das für den Wohnsitz oder den Aufenthaltsort eines Zeugen oder eines Sachverständigen zuständige Sozialgericht um die Vernehmung ersuchen, wenn der Zeuge oder Sachverständige ohne das Vorliegen eines der in den §§ 376, 383 bis 385 und 408 ZPO bezeichneten Gründe die Aussage oder die Erstattung eines Gutachtens verweigert. Nach § 22 Abs. 2 SGB X kann die Behörde um eine eidliche Vernehmung ersuchen, wenn sie mit Rücksicht auf die Bedeutung der Aussage eines Zeugen oder des Gutachtens eines Sachverständigen oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage die Beeidigung für geboten hält. In dem Ersuchen hat die Behörde den Gegenstand der Vernehmung darzulegen sowie die Namen und die Anschriften der Beteiligten (sowie der zu vernehmenden Zeugen bzw. Sachverständigen) anzugeben (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Das Ersuchen darf nur vom Behördenleiter, seinem allgemeinen Vertreter oder einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes gestellt werden, der die Befähigung zum Richteramt hat oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes erfüllt (§ 22 Abs. 4 SGB X). Das Sozialgericht ist in seiner Prüfungsbefugnis beschränkt. Es ist nur berechtigt zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen des Ersuchens vorliegen und ob eine etwaige Verweigerung des Zeugnisses oder der Eidesleistung rechtmäßig ist. Im Übrigen ist es an ein formal wirksames Ersuchen gebunden, auch hinsichtlich der Notwendigkeit einer Vereidigung (BayLSG, Beschluss v. 19.3.1999, L 12 B 202/98 KA m. w. N., NZS 1999 S. 574).
Der bestimmte Richter beraumt einen Beweistermin an, lädt die Zeugen und die Sachverständigen und benachrichtigt die Beteiligten (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB X; §§ 116, 63 SGG). Entsprechend § 377 Abs. 2 ZPO muss die Ladung den Namen des Beteiligten und der ersuchenden Behörde, den Gegenstand der Vernehmung und die Anweisung enthalten, zur Ablegung des Zeugnisses oder zur Erstattung des Gutachtens bei Vermeidung der durch das Gericht angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen. Für die Beweisaufnahme gelten die allgemeinen Vorschriften (§ 118). Die Niederschrift über die Vernehmung wird der Behörde übermittelt (§ 122).
2.3 Entscheidungen
Rz. 4
Über die Rechtmäßigkeit einer Verweigerung des Zeugnisses, des Gutachtens oder der Eidesleistung entscheidet der bestimmte Einzelrichter – nicht die Kammer – durch Beschluss (§ 22 Abs. 3 SGB X). Das Rechtsmittel gegen den Beschluss ist die Beschwerde (§ 172; BayLSG, Beschluss v. 19.3.1999, L 12 B 202/98 KA, NZS 1999 S. 574). Ebenso ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Ablehnung eines Ersuchens oder Stattgabe eines Ersuchens seitens des Beschwerten zulässig (vgl. LSG BW, Beschluss v. 29.8.2003, L 5 KA 2906/03 B).