Rz. 2
Die Regelung in § 27 Abs. 3 ist erforderlich, um für den zwar seltenen, aber durchaus möglichen Fall, dass alle Berufsrichter (tatsächlich oder aus Rechtsgründen) eines Gerichts verhindert sind oder den verbliebenen Berufsrichtern eine Vertretung nicht mehr möglich ist, eine Vertretung zu ermöglichen. Gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG hat das Präsidium eine umfassende Vertretungsregelung für den Bereich der richterlichen Tätigkeit im Geschäftsverteilungsplan vorzunehmen. Da die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit immer mehrere Vorsitzende haben, ist damit eine abstrakte Vertretungsregelung immer möglich. Es kann aber (zumindest theoretisch) eine Situation entstehen, in der alle Vorsitzenden eines (kleineren) Gerichts aufgrund von Überlastung, Urlaub, Erkrankung und/oder Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gehindert sind, die Aufgaben eines Vorsitzenden wahrzunehmen. Allein in diesen Ausnahmefällen hat auf Antrag des Präsidiums (nicht des Präsidenten als Gerichtsleiter) die Landesregierung bzw. die von ihr beauftragte Stelle (das zuständige Ministerium oder der Präsident des Landessozialgerichts) die Vertretung durch einen Berufsrichter eines anderen Gerichts zu bestimmen. Sie stellt in eigener Zuständigkeit fest, ob ein Regelungsbedürfnis überhaupt besteht und mit welchen Maßnahmen Abhilfe zu schaffen ist (Schmidt, in: Hennig, SGG, § 27 Rz. 4). Eine Bindung an den Antrag des Präsidiums besteht nicht (a. A. Burkiczak, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 27 Rz. 8: Bindung an die Bejahung des Bedarfes durch das Präsidium – außer bei Willkür). In Eilfällen kann die Antragstellung gemäß § 21i Abs. 2 GVG durch den Präsidenten als Vorsitzenden des Präsidiums (nicht als Gerichtsleiter) erfolgen. Es ist jedoch unverzüglich die Genehmigung des Präsidiums einzuholen. Wird gegen diese Verfahrensvorschriften verstoßen, ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt, worauf ein Rechtsmittel gestützt werden kann (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 27 Rz. 2). Dies darf aber wegen der grundgesetzlichen Garantie des gesetzlichen Richters nur dann geschehen, wenn es sich um eine vorübergehende Situation und nicht um eine dauerhaft erkennbare Geschäftsbelastung handelt (BVerfG, Urteil v. 3.7.1962, 2 BvR 628/60, 2 BvR 247/61). Die Sicherstellung der Vertretung wird regelmäßig durch die (vorübergehende) Abordnung oder Zuweisung eines weiteren Berufsrichters erfolgen. Über die Verwendung des zugewiesenen Richters entscheidet das Präsidium in eigener Zuständigkeit.