1 Allgemeines
Rz. 1
Zitat
§ 158 GVG Ablehnung des Ersuchens
(1) Das Ersuchen darf nicht abgelehnt werden.
(2) Das Ersuchen eines nicht im Rechtszuge vorgesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. Ist das ersuchte Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt es das Ersuchen an das zuständige Gericht ab.
§ 159 GVG Entscheidung über Rechtshilfeersuchen
(1) Wird das Ersuchen abgelehnt, oder wird der Vorschrift des § 158 Abs. 2 zuwider dem Ersuchen stattgegeben, so entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht gehört. Die Entscheidung ist nur anfechtbar, wenn sie die Rechtshilfe für unzulässig erklärt und das ersuchende und das ersuchte Gericht den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte angehören. Über die Beschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof.
(2) Die Entscheidungen ergehen auf Antrag der Beteiligten oder des ersuchenden Gerichts ohne mündliche Verhandlung.
§ 160 GVG Vollstreckungen, Ladungen und Zustellungen
Vollstreckungen, Ladungen und Zustellungen werden nach Vorschrift der Prozeßordnungen bewirkt ohne Rücksicht darauf, ob sie in dem Land, dem das Prozeßgericht angehört, oder in einem anderen deutschen Land vorzunehmen sind.
(1) Kosten und Auslagen der Rechtshilfe werden von der ersuchenden Behörde nicht erstattet.
(2) Gebühren oder andere öffentliche Abgaben, denen die von der ersuchenden Behörde übersendeten Schriftstücke (Urkunden, Protokolle) nach dem Recht der ersuchten Behörde unterliegen, bleiben außer Ansatz.
§ 166 GVG Amtshandlungen des Gerichts außerhalb seines Bezirks
Ein Gericht darf Amtshandlungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes auch außerhalb seines Bezirks vornehmen.
Die in einem deutschen Land bestehenden Vorschriften über die Mitteilung von Akten einer öffentlichen Behörde an ein Gericht dieses Landes sind auch dann anzuwenden, wenn das ersuchende Gericht einem anderen deutschen Land angehört.
Der in Art. 35 Abs. 1 GG enthaltene Grundsatz der gegenseitigen Amtshilfe wird in § 5 konkretisiert. Die Vorschrift schreibt allen Behörden des Bundes und der Länder vor, sich gegenseitig Amts- und Rechtshilfe zu leisten. Dieser Grundsatz wird für andere Gerichtsbarkeiten ebenfalls in Verfahrensvorschriften bestimmt (§ 156 GVG, § 14 VwGO, § 13 FGO). Nach der h. M. sind die Gerichte Behörden i. S. d. Amtshilfenormen (Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 35 Anm. 3). Die Verpflichtung zur Rechts- und Amtshilfe entbindet jedoch keinesfalls die ersuchte Stelle, materiell- und/oder verfahrensrechtliche Bestimmungen einzuhalten. Häufig kommt es bei der Gewährung von Rechts- oder Amtshilfe zu einer Konfliktsituation in Bezug auf geheimhaltungsbedürftige Daten. § 5 ist dabei keine Ermächtigungsnorm zur Bekanntgabe geheimhaltungsbedürftiger Daten gegenüber anderen Gerichten oder Behörden. Die Pflicht zur Amts- und/oder Rechtshilfe steht vielmehr unter dem Vorbehalt, dass eine Verletzung des Sozialgeheimnisses nicht erfolgt (Zeihe, SGG, § 5 Rn. 1; Schnapp, NJW 1980 S. 2165, 2167; Jansen, Geheimhaltungsvorschriften im Prozeßrecht, Diss. 1989 S. 71; a. A. Lüdtke, in: HK-SGG, § 5 Rz. 5). Deshalb können etwa Akten nur dann übersandt werden, wenn der Betroffene eingewilligt hat oder sonstige Ausnahmetatbestände (§§ 68 ff. SGB X) vorliegen. Die Einwilligung des Betroffenen kann durchaus konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erfolgen, jedoch kann allein in der Klageerhebung noch nicht die Einwilligung zur Einholung aller Sozialdaten durch das Gericht gesehen werden, sondern allein die konkludente Einwilligung hinsichtlich der Beiziehung der Verwaltungsakte des beklagten Sozialleistungsträgers. Weder um Rechts- noch um Amtshilfe handelt es sich, wenn dem Richter zur Sicherung von Grundrechten von vornherein eigene Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen zuerkannt sind (BVerfG, Beschluss v. 6.6.2015, 2 BvR 2718/10).
2 Rechtspraxis
2.1 Amtshilfe
Rz. 2
Unter Amtshilfe versteht man die Hilfe (Unterstützung), die jede Behörde (Gericht – soweit eine Handlung begehrt wird, die nicht Richtern vorbehalten ist) in ihrer Funktion als Behörde einer anderen Behörde oder einem anderen Gericht leistet, um es der ersuchenden Behörde zu ermöglichen oder zu erleichtern, seine Amtshandlungen vorzunehmen. Das ist z. B. die Bereitstellung von Räumlichkeiten oder Personal, die Übersendung von Akten, Erteilung von Auskünften usw. Soweit Auskünfte aus Akten verlangt werden, die anhängige Verfahren betreffen, entscheidet der zuständige Spruchkörper, nicht die Gerichtsleitung. Ein Ersuchen um Amtshilfe setzt aber immer zwingend voraus, dass bei der ersuchenden Behörde ein Verwaltungsverfahren anhängig ist und es der ersuchenden Behörde mit eigenen Mitteln nicht oder nur mit nicht vertretbarem Aufwand möglich ist, die ersuchte Handlung selbst vorzunehmen. Die ersuchte Behörde kann die Amtshilfe nur unter den Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 SGB X bzw. § 5 Abs. 2 VwVfG ablehnen; § 158 GVG findet auf die Amtshilfe keine Anw...