Rz. 36

Während des sozialgerichtlichen Rechtsstreits kann sich die Sach- und Rechtslage ändern. Dann ist zu prüfen, welcher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung maßgeblich ist. Dies wird ebenso wie im Verwaltungsprozessrecht für die jeweilige Klageart unterschiedlich beurteilt. Wird mit der reinen Anfechtungsklage ein belastender Verwaltungsakt (z. B. die Entziehung einer Sozialleistung) angefochten, so ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also der Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids maßgeblich. Wurde z. B. eine Rente aus der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung entzogen, so ist allein die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids maßgeblich. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BSG (SozR 3-1500 § 54 Nr. 18) auch dann, wenn während des Sozialrechtsstreits Umstände eintreten, wonach die Voraussetzungen für die Rente zu einem späteren Zeitpunkt wieder vorliegen könnten. Von diesem Grundsatz wird allerdings bei belastenden Verwaltungsakten mit Dauerwirkung bzw. bei noch nicht vollzogenen Verwaltungsakten (z. B. Entziehung der Zulassung als Vertragsarzt) eine Ausnahme gemacht. Da deren rechtliche Auswirkungen fortdauern, sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen. Gleiches gilt für Verpflichtungs- und Leistungsklagen sowie kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen (BSG, Urteil v. 17.2.2009, B 2 U 35/07 R, SozR 4-2700 § 215 Nr. 2 = NZS 2010, 49).

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