3.1 Orientierung nach dem Kläger
Rz. 5
Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit ist zunächst bei der juristischen Person der Sitz, bei der natürlichen Person der Wohnsitz des Klägers zur Zeit der Klageerhebung, in Ermangelung dessen ist der Aufenthaltsort des Klägers maßgeblich.
Rz. 6
Sitz einer juristischen Person ist der durch Satzung oder Gesetz bestimmte Ort. Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 ist der Sitz des Klägers maßgeblich, wenn es sich um eine juristische Person des Privatrechts handelt oder wenn Kläger und Beklagte juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts sind. § 57 Abs. 1 Satz 2 greift dann nicht ein.
Rz. 7
Wohnsitz ist der Ort, an dem eine natürliche Person ihre Wohnung unter solchen Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I). Gemäß § 7 BGB begründet eine Person an dem Ort ihren Wohnsitz, wo sie sich ständig niederlässt. Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.
Rz. 8
Aufenthaltsort ist der Ort, an dem eine natürliche Person sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Dabei kann es sich um den vorübergehenden Aufenthalt in einem Krankenhaus, einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Justizvollzugsanstalt handeln.
Rz. 9
Der Kläger kann wahlweise bei dem Sozialgericht Klage erheben, das für den Beschäftigungsort (vgl. die Definition in § 9 SGB IV) zuständig ist. Es muss sich um eine abhängige Beschäftigung handeln. Die einmal getroffene Wahl stellt eine Prozesshandlung dar und ist nicht widerrufbar.
Rz. 9a
Sind bei Klageerhebung der Beschäftigungsort, Wohnsitz und Aufenthaltsort des Klägers unbekannt, bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach deren letzten Wohnsitz (BSG, Beschluss v. 2.4.2009, B 12 SF 8/08 S, SozR 4-1500 § 58 Nr. 8 = NJW 2010, S. 1165).
3.2 Orientierung nach dem Beklagten
Rz. 10
Der Sitz, der Wohnsitz oder in Ermangelung dessen der Aufenthaltsort des Beklagten ist in zwei Konstellationen maßgeblich:
- gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Anstalt oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land klagt und wenn der Beklagte eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist,
- gemäß § 57 Abs. 3, wenn der Kläger seinen Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat.
3.3 Hinterbliebenenrenten
Rz. 11
Maßgeblich ist immer der Wohnsitz, hilfsweise der Aufenthaltsort der Witwe bzw. des Witwers. Die Regelung gilt nur für die erstmalige Bewilligung von Hinterbliebenenrente, d. h. Rente des Hinterbliebenen aus der Versicherung des Verstorbenen, nicht für Lebzeitenrente des inzwischen verstorbenen Versicherten, die durch den Rechtsnachfolger geltend gemacht werden. Die erstmalige Bewilligung ist die erste Rentenbewilligung nach dem Tode des Versicherten. Bei mehreren Renten (z. B. Unfallversicherung, Rentenversicherung, Versorgungsrente) ist jede erstmals eingeklagte Rente gemeint. Die Regelung gilt nicht für die Wiederbewilligung.
Rz. 12
Witwe oder Witwer ist, wer mit dem Versicherten zur Zeit seines Todes rechtsgültig verheiratet war. Ist keine Witwe und kein Witwer vorhanden, so ist der Wohnsitz, hilfsweise der Aufenthaltsort der/des jüngsten Waisen (Kind des Verstorbenen) maßgeblich. An nächster Stelle der Rangfolge stehen die Eltern, dies sind die leiblichen Eltern des Verstorbenen, daneben auch die Stief- oder Pflegeeltern. Hat das klagende Elternpaar unterschiedliche Wohnsitze bzw. Aufenthaltsorte, so ist der Wohnsitz bzw. der Aufenthaltsort des Mannes maßgeblich. Sind nur noch Großeltern vorhanden, so gilt für sie Entsprechendes.
Rz. 13
Haben die in § 57 Abs. 2 genannten Personen ihren Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so geht Abs. 3 gegenüber Abs. 2 vor. Dann ist der Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgeblich.
3.4 Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 2
Rz. 14
Nach dieser Regelung ist für Streitigkeiten, die in Angelegenheiten des SGB V entstehen und die auf Bundesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, das Sozialgericht am Sitz der Bundesregierung, also das Sozialgericht Berlin, zuständig. Auf Bundesebene werden gemäß § 35 Abs. 3 SGB V die Festbeträge für Arznei- und Verbandsmittel festgesetzt. Für die auf Landesebene festgesetzten Festbeträge ist das Sozialgericht am Sitz der Landesregierung zuständig. Dies betrifft Streitigkeiten um Festbeträge für Hilfsmittel gemäß § 36 Abs. 2 SGB V.
3.5 Angelegenheiten nach § 130a Abs. 4 und 9 SGB V
Rz. 15
Über Anträge pharmazeutischer Unternehmen auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung hinsichtlich der gesetzlich geregelten Herstellerrabatte entscheidet nach Abs. 4 Satz 2 und Abs. 9 das Bundesministerium für Gesundheit, das seinerseits die Entscheidung dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übertragen hat. In der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages (BT-DRS 17/3698, S. 57) heißt es dazu: "Ist die Aufgab...