Rz. 9
Den Zugang eines Schriftstücks und den damit zusammenhängenden Ablauf einer Frist muss materiell der Beteiligte beweisen, der hieraus Rechtsfolgen zu seinen Gunsten ableitet (Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, § 84 Rn. 5b). Die Beweislast für den Zugang einer Entscheidung, die eine Frist in Gang setzt, trifft die Behörde bzw. das Gericht. Für den Zugang einer Rechtsbehelfsschrift ist derjenige materiell beweispflichtig, der den Rechtsbehelf führt. Dieser Nachweis kann bei Telefaxübermittlung nicht allein durch die Daten des Absendegeräts geführt werden und auch dem Sendeprotokoll kommt allenfalls eine Indizwirkung zu. Wegen der verschiedenen Möglichkeiten von Störungen im Bereich der Übertragung oder des Empfangsgerätes, die nicht notwendigerweise im Ergebnisprotokoll des Sendegeräts registriert werden, stellt ein Telefaxsendeprotokoll keinen Anscheinsbeweis für den Zugang des Telefaxschreibens dar (LSG Bayern, Beschluss v. 26.5.2009, L 11 AS 258/09 B PKH; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 14.6.2007, L 5 KA 42/06). Für den Nachweis der Zustellung des Urteils an die Beteiligten des Rechtsstreits ist die Postzustellungsurkunde maßgeblich. Das Urteil gilt durch dessen Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten als wirksam zugestellt. Die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung endet mit Ablauf des entsprechenden Tages des nächsten Monats (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 9.12.2002, L 16 KR 203/02).
Rz. 10
Die Behörde oder das Gericht ermitteln von Amts wegen, ob und zu welchem Zeitpunkt ein Schriftstück zugegangen ist. Üblicherweise wird der Eingang eines Schriftstücks bei einer Behörde oder einem Gericht durch einen Eingangsstempel dokumentiert. Dabei handelt es sich um eine öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 Abs. 1 ZPO (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.2.2016, L 7 SO 262/15; zum Empfangsbekenntnis als öffentliche Urkunde vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.5.2016, L 5 R 4194/13), deren Beweiskraft nur durch einen Gegenbeweis (zum Gegenbeweis und Beweis des Gegenteils ausführlich Frehse, S. 970 ff.), nicht durch bloße Glaubhaftmachung entkräftet werden kann (§ 418 Abs. 2 ZPO; vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.2.2016, L 7 SO 262/15). Für die Beweiserhebung gilt der sog. Freibeweis (vgl. BSG, Beschluss v. 1.10.2009, B 3 P 13/09 B, SozR 4-1500 § 62 Nr. 12; BGH, Beschluss v. 30.10.1997, VII ZB 19/97, NJW 1998 S. 461 f.; Beschluss v. 9.7.1987, VII ZB 10/86, NJW 1987 S. 2875, 2876 m. w. N.; Beschluss v. 4.6.1992, IX ZB 10/92, VersR 1993 S. 457; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 15.11.2016, L 4 P 1596/16). Der Beteiligte kann die Absendung eines Schriftstücks durch einen Postbeleg nachweisen, es kann aber auch eine eidesstattliche Versicherung für die Beweisführung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss v. 16.10.1995, 7 B 163/95, NJW 1996 S. 409). Der Zugang einer gerichtlichen Entscheidung wird i. d. R. durch Empfangsbekenntnis oder Postzustellungsurkunde nachgewiesen.