Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 4 des Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz – JKomG) v. 22.3.2005 (BGBl. I S. 837) eingefügt (zum JKomG ausführlich: Viefhues, NJW 2005 S. 1009). Sie soll den Verfahrensbeteiligten ermöglichen, elektronische Kommunikationsformen gleichberechtigt neben der Schriftform zu verwenden (vgl. BT-Drs. 15/4067 S. 24).
Rz. 2
Ausweislich der Gesetzesbegründung zum JKomG soll das elektronische Verfahren folgende Vorteile haben (BT-Drs. 15/4067 S. 24):
- Die Kommunikation zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten wird beschleunigt.
- Der Akten- und Dokumententransfer wird beschleunigt.
- Die Akten sind kontinuierlich verfügbar.
- Verschiedene Bearbeiter können gleichzeitig zugreifen.
- Eine örtlich unabhängige Aktenbearbeitung wird ermöglicht.
- Der Akteninhalt kann besser ausgewertet, dargestellt und verarbeitet werden.
- Die elektronische Akte bietet einfache, komfortable und schnelle Suchmöglichkeiten; redundante Daten werden vermieden, insbesondere wenn strukturierte Daten ausgetauscht werden.
- Statistik und Verwaltung von Daten werden vereinfacht und beschleunigt.
Dass die vom Gesetzgeber erhofften Vorteile zunächst nicht eingetreten sind, belegt Hansen, Drei Jahre elektronischer Rechtsverkehr – Zwischenbilanz aus Anwendersicht, DRiZ 2010 S. 128 (in diesem Sinne auch BT-Drs. 17/12634 S. 1). Keine Regelungen enthielt das JKomG für die Archivierung elektronischer Akten und elektronischer Dokumente. Insoweit hatten Bund und Länder jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Akten und Dokumente während der Zeit, für die sie gebraucht werden, lesbar gehalten werden und die Signaturen den jeweils gültigen Algorithmen genügen (BT-Drs. 15/4067 S. 25).
Rz. 3
Den Verfahrensbeteiligten wurde mit dem JKomG ermöglicht, elektronische Kommunikationsformen gleichberechtigt neben der herkömmlich papiergebundenen Schriftform oder der mündlichen Form rechtswirksam verwenden zu können (dazu auch Rz. 42). Die bisherigen Formerfordernisse bleiben – sofern möglich – durch die für die Nutzung eines elektronischen Übertragungswegs aufgestellten Erfordernisse qualitativ unverändert.
Rz. 4
Art. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten v 10.10.2013 (BGBl. I S. 3786) gestaltete § 65a mit Wirkung zum 1.1.2018 (Art. 26 Abs. 1 des Gesetzes) grundlegend um. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus (BT-Drs. 17/12634 S. 24, 25): Die Vorschrift erweitert und vereinfacht den elektronischen Zugang zu den Gerichten. Der private Rechtsverkehr wird heutzutage weitgehend über elektronische Kommunikationswege abgewickelt. Im Gegensatz dazu kommunizieren Bürger und Justiz sowie Rechtsanwalt und Justiz noch fast ausschließlich in Papierform. Der Grund ist zum einen, dass die bisher für die formgerechte Einreichung elektronischer Dokumente notwendige qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz zu wenig verbreitet ist. Zum anderen reichen jedoch auch die von den Landesjustizverwaltungen eröffneten Möglichkeiten, elektronische Dokumente bei Gericht einzureichen, nicht aus. In den meisten Ländern ist eine elektronische Einreichung von Dokumenten bei den Zivilgerichten nicht zulässig, da die entsprechende Verordnungsermächtigung des geltenden Rechts in § 130a Absatz 2 nicht genutzt wird. Nur in vier Ländern ist der elektronische Zugang zu den Zivilgerichten flächendeckend eröffnet. Deshalb eröffnet Absatz 3 nun bundeseinheitlich die Möglichkeit, elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne des Absatzes 4 formgerecht Dokumente einzureichen. Den Vorgaben der Signaturrichtlinie entsprechend wird es daneben weiterhin möglich sein, elektronische Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurden, einzureichen. Die bisher vorgesehene Ermächtigung für die Bundesregierung und die Landesregierungen, den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden können, entfällt künftig im Interesse einer anwenderfreundlichen bundeseinheitlichen Öffnung aller Gerichte für elektronische Eingänge. Der mit der Öffnung aller Gerichte verbundene organisatorische und finanzielle Aufwand für die Länder lässt sich durch eine großzügig bemessene Übergangszeit bewältigen. Einige Länder haben ihre Zivilgerichte bereits flächendeckend für elektronische Eingänge geöffnet.
Rz. 5
Die durch das vorgenannte Gesetz v. 10.10.2013 zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Rechtsänderungen betreffen alle Gerichtsbarkeiten. Dem § 60a vergleichbare Vorschriften sind § 130a ZPO, § 46c ArbGG, § 55a VwGO und § 52a FGO. Lediglich die Verfassungsgerichtsbarkeiten des Bundes und der Länder sind ausgenommen. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung v. 11.8.1993 (BGBl. I S. 1473), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 20.11.2019 (BGBl. I S. 1724), enthält keine den vorstehenden Regelungen vergleichbare V...