2.1 Systematik

 

Rz. 11

Die §§ 65a, 65b, 65c und 65d enthalten die normativen Grundlagen für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten und für die elektronische Aktenführung innerhalb der Gerichte. Als Teilausschnitt dieses umfangreichen Bereiches beschränkt sich § 65a auf die Vorgaben für die elektronische Kommunikation mit dem Gericht nach Maßgabe speziell aufgestellter Anforderungen. Die elektronisch eingereichten Dokumente der Beteiligten und Dritter sowie die gerichtlichen elektronischen Dokumente (Abs. 7) sind wesentliche Inhalte der elektronischen Akte (§ 65b). § 65c ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung elektronische Formulare einzuführen. Neben § 65b (elektronische Aktenführung durch das Gericht) ist § 65d von zentraler Bedeutung. Hierdurch werden Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen verpflichtet, die dort genannten Dokumente dem Gericht elektronisch zu übermitteln. Die Vorschrift wurde durch Art. 4 Nr. 4 des Gesetzes v. 10.10.2013 (vgl. dazu Rz. 5) eingefügt. Sie ist zum 1.1.2022 in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes v. 10.10.2013). Inhaltlich bestimmen § 65a Abs. 1 bis 6 die Anforderungen an die dem Gericht zuzuleitenden elektronischen Dokumente (Posteingang), hingegen betrifft der insoweit systemfremde § 65 Abs. 7 die Korrespondenz des Gerichts mit den Beteiligten (Postausgang).

2.2 Normstruktur

 

Rz. 12

Die Vorschrift i.d.F. des Gesetzes v 5.10.2021 (dazu Rz. 10a) ist wie folgt strukturiert:

§ 65a Abs. 1 Satz 1 HS 1 legt fest, welche Dokumente die Beteiligten elektronisch bei Gericht einreichen können. § 65a Abs. 1 Satz 1 HS 2 ergänzt dies dahin, dass auch Dritte die dort genannten Unterlagen dem Gericht elektronisch übermitteln können.

Nach § 65a Abs. 2 Satz 1 muss das elektronische Dokument zur Bearbeitung geeignet sein. Fehlt es daran, ist der Absender hierauf unverzüglich hinzuweisen (§ 65a Abs. 6 Satz 1 HS 1). § 65a Abs. 2 Satz 2 ermächtigt die Bundesregierung, die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technische Rahmenbedingungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen.

§ 65a Abs. 3 betrifft die Sicherheit. Hierzu definiert die Vorschrift zwei Signaturvarianten. Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein (Variante 1) oder von dieser signiert und auf einem sicheren Übertragungsweg eingereicht werden (Variante 2).

§ 65a Abs. 4 legt in den Nr. 1 bis 6 die sicheren Übertragungswege fest.

§ 65a Abs. 5 Satz 1 erklärt, wann ein elektronisches Dokument eingegangen ist. Dieser Zeitpunkt ist dem Absender automatisiert zu bestätigen (§ 65a Abs. 5 Satz 2). § 65a Abs. 5 Satz 3 stellt klar, dass die Vorschriften dieses Gesetz über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten nicht anzuwenden sind.

§ 65a Abs. 6 bestimmt, was daraus folgt, wenn ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet ist. Dem Gericht obliegt es, dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Sofern der Absender das Dokument hierauf unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt, gilt es als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen.

§ 65a Abs. 7 regelt, unter welchen Voraussetzungen eine vorgeschriebene handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durch eine elektronische Aufzeichnung ersetzt werden kann.

2.3 Zulässigkeit

 

Rz. 13

In der ab 1.1.2018 geltenden Fassung lässt § 65a die elektronische Kommunikation mit dem Gericht grundsätzlich bundesweit zu. Infolge Art. 26 Abs. 1 des Gesetzes v. 10.10.2013 (vgl. dazu Rz. 4) konnten die Beteiligten dem Gericht ab 1.1.2018 elektronische Dokumente übermitteln, soweit die Länder nicht über eine Rechtsverordnung § 65a in der bis zum 31.12.2017 maßgebenden Fassung bis längstens 31.12.2019 für anwendbar erklären (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes v. 10.10.2013). Hierdurch konnten die Länder bis 31.12.2019 die elektronische Kommunikation der Beteiligten und Dritter mit dem Gericht ausschließen, um die technischen Grundlagen zu schaffen. Davon hatte kein Bundesland Gebrauch gemacht (Jung, in: BeckOGK, SGG, Stand 1.9.2019, § 65a Rz. 8). Unbeschadet dessen war die elektronische Kommunikation erst zulässig, wenn die Bundesregierung eine Rechtsverordnung nach § 65a Abs. 2 Satz 2 erlassen hatte. Das ist erstmals mit der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) v. 24.11.2017 (BGBl. I S. 3803) geschehen (vgl. dazu Rz. 25). Die Verordnung wurde mehrfach angepasst. Derzeit (Stand 26.9.2022) ist maßgebend die ERVV v. 24.11.2017 (BGBl. I S. 3803), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 5.10.2021 (BGBl. I S. 4607). Die Änderung wurde mit dem 1.1.2022 wirksam (Art. 34 Abs. 1 des Gesetzes).

 

Rz. 14

Zulässig ist die elektronische Kommunikation mit dem Gericht nur in den Gerichtsbarkeiten, in denen eine § 65a vergleichbare Vorsch...

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