Rz. 4
Beteiligtenfähig ist nach § 70 Nr. 1 jede natürliche Person, d. h., jeder Mensch ab Vollendung der Geburt (§ 1 BGB) bis zum Tod. Auf die Geschäftsfähigkeit i. S. d. §§ 104 ff. BGB kommt es nicht an.
Rz. 5
Beteiligtenfähig sind ferner alle juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts. Das selbstständige Rechtssubjekt kann seine Grundlage in einer Vereinigung von Personen (Verein, Körperschaften) oder in einer Vermögensmasse (Stiftungen, Anstalten) haben (Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl. 10/2010, § 70 Rn. 13; vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 12.12.2008, L 5 AR 43/08 SA: Stiftung). Ein kommunaler Gemeindeverband i. S. v. Art. 78 Landesverfassung NRW ist beteiligtenfähig; die Prozessfähigkeit ergibt sich aus § 71 Abs. 3 SGG; er wird durch seinen Direktor gesetzlich vertreten (BSG, Urteil v. 11.12.2008, B 9 VS 1/08 R, SozR 4-1100 Art 85 Nr. 1).
Rz. 6
Seit der BGH (Urteil v. 29.1.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146 S. 341) entschieden hat, dass die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, steht die GbR (§§ 705 ff. BGB) den in § 70 Nr. 1 genannten juristischen Personen gleich (BSG, Urteil v. 4.3.2004, B 3 KR 12/03 R, SozR 4-5425 § 24 Nr. 5 m. w. N.); für OHG (§ 124 HGB) und KG (§ 161 HGB) gilt dies auch (BSG, Urteil v. 4.3.2004, B 3 KR 12/03 R, SozR 4-5425 § 24 Nr. 5 m. w. N.). Hieraus folgt: Wird eine Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR betrieben, kommt der GbR selbst die Sachbefugnis zu, eine solche Gesellschaftsverpflichtung im Prozess abzuwehren, und zwar unabhängig von Änderungen in ihrem Mitgliederbestand, die im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens möglicherweise erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG) und der Aktivlegitimation im Sozialgerichtsprozess; auch diese stehen der Gemeinschaftspraxis als solcher unabhängig von Wechseln in ihrem Mitgliederbestand zu. Findet im Verlauf des Verfahrens ein Mitgliederwechsel statt, der zu einer Änderung des Namens der Gemeinschaftspraxis führt, ist dies von Amts wegen durch Anpassung ihrer Bezeichnung im Rubrum zu berücksichtigen (BSG, Urteil v. 27.6.2007, B 6 KA 27/06 R, SozR 4-1500 § 141 Nr. 1). Eine in der Rechtsform einer GbR betriebene ärztliche Gemeinschaftspraxis wird in vertragsarztrechtlicher Hinsicht auch nach Beendigung der GbR als fortbestehend und damit beteiligtenfähig angesehen, solange sie noch Pflichten aus ihrem vertragsärztlichen Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen (BSG, Urteil v. 23.3.2011, B 6 KA 11/10 R, GesR 2011 S. 542; Urteil v. 9.2.2011, B 6 KA 5/10 R; Urteil v. 8.12.2010, B 6 KA 33/09 R, USK 2010-167; Urteil v. 7.2.2007, B 6 KA 6/06 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 31).
Rz. 7
In der Mehrzahl der Verfahren sind am Sozialgerichtsprozess auf der Beklagtenseite Sozialversicherungsträger als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 SGB IV, § 367 Abs. 1 SGB III) beteiligt.
Rz. 8
Jobcenter sind als gemeinsame Einrichtung gemäß § 6d SGB II i. V. m. § 44b SGB II jeweils i. d. F. v. 3.8.2010 mit Wirkung zum 1.1.2011 kraft Gesetzes als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden und gemäß § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II als Rechtsnachfolgerin an die Stelle der bisherigen Arbeitsgemeinschaft getreten; sie sind beteiligtenfähig gemäß § 70 Nr. 1 (BSG, Urteil v. 18.1.2011, B 4 AS 90/10 R; Urteil v. 18.1.2011, B 4 AS 14/10 R; Urteil v. 18.01.2011, B 4 AS 99/10 R).
Rz. 9
Eine GmbH ist als juristische Person fähig, nach § 70 Nr. 1 am Verfahren beteiligt zu sein. Bei deren Vermögenslosigkeit endet die Beteiligtenfähigkeit erst mit der Löschung der GmbH (LSG NRW, Beschluss v. 1.9.2010, L 8 R 369/10 B). Die Berufung einer liquidatorlosen wegen Vermögenslosigkeit ohne Insolvenzverfahren gelöschten GmbH ist daher unzulässig (LSG Bayern, Beschluss v. 20.1.2010, L 5 R 848/09). Eine noch nicht vollständig beendete GmbH in Liquidation ist hingegen als juristische Person beteiligtenfähig (BSG, Urteil v. 28.7.2008, B 1 KR 5/08 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 6; Wagner, in: Hennig, SGG, 8/2007, § 70 Rn. 19; vgl. auch Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 70 Rn. 10).
Rz. 10
Im Beschwerdeverfahren, das die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrages zum Gegenstand hat, ist die Staatskasse nach LSG Sachsen Beschwerdegegner; sie ist materiell-rechtlich Anspruchsgegner und verfahrensrechtlich beteiligungsfähig i. S. v. § 70 Nr. 1 (Beschluss v. 4.1.2011, L 3 AS 260/09 B PKH, Rn. 17). Diese Erkenntnis mutet zunächst befremdlich an, denn die Staatskasse ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts. Das LSG Sachsen ergänzt dann auch:
"Die Staatskasse, das heißt vorliegend der Freistaat Sachsen, wird gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Vertretung des Freistaates Sachsen in gerichtlichen Verfahren (Vertretungsverordnung – VertrVO) vom 30.3.2009 (SächsGVBl. S. 161) vor den Sozialgeric...