Rz. 52

Bei Verwaltungsakten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, d. h. der Renten-, Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung (§ 4 SGB I), die eine laufende Leistung wie z. B. eine Rente oder Krankengeld herabsetzen oder entziehen, hat zwar der Widerspruch aufschiebende Wirkung (Abs. 1 Satz 1) damit ein belastender Verwaltungsakt vor Vollzug noch einmal von einer anderen als der erlassenden Stelle überprüft wird (BR-Drs. 132/01 S. 51). Der Klage kommt allerdings gemäß § 86a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 keine aufschiebende Wirkung zu. Zur Sozialversicherung gehören nicht die Arbeitslosenversicherung und die Regelungen zum Kinder- und Erziehungsgeld. Auch § 86a Abs. 2 Nr. 3 ist ein Regel-Ausnahmeverhältnis zugunsten des Vollziehungsinteresses zu entnehmen. Der Gesetzgeber würdigt damit das Interesse der Solidargemeinschaft an einem wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den Pflegeversicherungsbeiträgen. Um ausnahmsweise die aufschiebende Wirkung anzuordnen, bedarf es daher eines überwiegenden Interesses des durch den Verwaltungsakt Betroffenen (LSG Bayern, Beschluss v. 3.5.2011, L 2 P 31/11 B ER).

 

Rz. 53

Entziehung ist die Aufhebung eines Leistungsbescheides mit Wirkung ex nunc. Laufende Leistungen sind z. B. Renten, Krankengeld, nicht aber Beiträge oder vertragsärztliches Honorar (vgl. Krodel, Eilverfahren, B Rn. 114). Mit der Entziehung laufender Leistungen ist die auch mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise verfügte Beseitigung von Bescheiden über die Bewilligung von Leistungen gemeint. Indes ist das Entfallen der aufschiebenden Wirkung auf die Anfechtungsklage beschränkt. Wird gegen den Entziehungsbescheid Widerspruch eingelegt, hat dieser nach dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 enthaltenen ausdrücklichen Gesetzesbefehl aufschiebende Wirkung. Das Wesen der aufschiebenden Wirkung besteht darin, dass die Beschwerdegegnerin die Aufhebung der Bewilligung nicht vollziehen darf, während des durch den Widerspruch eintretenden Schwebezustandes also keine Folgerungen aus der Aufhebung ziehen darf, vielmehr weiterhin Leistungen auf der Grundlage der bisherigen Bewilligung erbringen muss (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 2.7.2004, L 13 RJ 2467/04 ER-B; vgl. Rz. 17 ff.).

 

Rz. 54

Eine Verrechnung von Leistungsträgern untereinander stellt einen Verwaltungsakt dar, den der Leistungsträger erlässt und den der Betroffene anfechten kann (vgl. BSG, Urteil v. 25.3.1982,10 RKg 2/81, BSGE 53 S. 208; vgl. auch Beschluss v. 31.8.2011,GS 2/10); dabei handelt es sich um die teilweise Entziehung einer laufenden Leistung. Infolgedessen hat die Anfechtungsklage nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 keine aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass sich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 richtet (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 24.1.2011, L 1 R 204/10 B ER; vgl. auch LSG Bayern, Beschluss v. 20.5.2010, L 9 AL 24/10 B ER).

 

Rz. 55

Bei der Aufhebung einer Leistungsgewährung nach dem AsylbLG in Form einer Regelung mit Dauerwirkung greift die Ausnahmeregelung des § 86a Abs. 2 Nr. 3 nicht (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 18.12.2008, L 11 AY 117/08 ER, L 11 B 39/08 AY). Die Klage gegen eine Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V hat aufschiebende Wirkung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 25.5.2009, L 1 KR 126/09 B ER).

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