Rz. 9

Die Klage muss entweder schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

Schriftform bedeutet grundsätzlich auch, dass die Klageschrift vom Kläger unterschrieben ist. Unterbleibt die Unterschrift, so macht das die Klageerhebung aber nicht unwirksam. Denn § 92 Abs. 1 Satz 3 HS 2, welcher die Unterschrift des Klägers oder einer vertretungsbefugten Person fordert, ist nur eine Soll-Vorschrift (a. A. für die Einlegung der Berufung: LSG Bayern, Urteil v. 29.3.2011, L 8 AS 75/11, juris, Rn. 16 ff.). Die Unterschrift kann deshalb auch nachgeholt werden. Sie soll im Wesentlichen der Identifizierung des Klägers dienen und ist daher auch entbehrlich, solange sich die Klageschrift eindeutig zuordnen lässt und keine Zweifel bestehen, dass die Klageschrift von dem Kläger gewollt war. Bestehen Zweifel, so müssen sie zunächst ausgeräumt werden. Die Klagefrist bleibt gewahrt, wenn später die Urheberschaft des Klägers festgestellt werden kann. Dementsprechend genügen anstelle einer unterschriebenen Klageschrift auch z. B. die Einreichung von Fotokopien, die Übersendung eines Tele- oder Computerfaxes oder ein Schreiben mit Faksimilestempel. Voraussetzung ist aber jeweils, dass der Kläger zu identifizieren ist. Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des BSG jedenfalls im Regelfall nur erfüllt, wenn der Kläger seine Anschrift nennt, wobei weder die Angabe eines Postfachs noch einer E-Mail-Adresse ausreicht (BSG, Beschluss v. 18.11.2003, B 1 KR 1/02 S, SozR 4-1500 § 90 Nr. 1 = Breithaupt 2004 S. 457). Nur dann lässt sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts feststellen und lassen sich wirksame Zustellungen vornehmen. Ausnahmen können bei schwerwiegenden entgegenstehenden Interessen des Klägers gemacht werden (siehe hierzu im Einzelnen die lesenswerte Entscheidung des BSG, a. a. O.). Deswegen genügt auch die alleinige Angabe der Anschrift eines Zustellungsbevollmächtigten nicht (LSG Hessen, Urteil v. 30.3.2006, L 8 KR 46/05).

 

Rz. 10

Der Form genügt dagegen nicht eine mündliche oder telefonische Erhebung. Fraglich wäre in einem solchen Fall aber, ob nicht eine Erklärung zu Protokoll gewollt ist. Nach h. M. soll andererseits die telefonische Durchsage eines Telegramms zur Aufnahme eines befugten Mitarbeiters des Gerichts ausreichen (siehe hierzu nur BSGE 7 S. 16).

In der Rechtsmittelbelehrung muss auf die Wahlmöglichkeit, die Klage schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben, hingewiesen werden. Fehlt ein solcher Hinweis, ist die Belehrung unrichtig bzw. unvollständig i. S. d. § 66 Abs. 2 Satz 1, so dass die Jahresfrist gilt (LSG NRW, Beschluss v. 7.5.2009, L 7 B 111/09 AS, RdLH, 2009, 70; BSGE 7, 1).

 

Rz. 11

Der Schriftform gleichgestellt sind elektronische Dokumente, die die Anforderungen des § 65a erfüllen, also insbesondere eine digitale Signatur enthalten. Der mit Wirkung vom 1.4.2005 durch Art. 4 Nr. 3 Justizkommunikationsgesetz (BGBl. I S. 837) eingeführte § 65a enthält strengere Formvorschriften als die Vorgängerregelung des § 108a. Damit ist nunmehr sichergestellt, dass der Absender sicher identifiziert werden kann (siehe hierzu auch die Kommentierung unter § 65a Rn. 1, 3). Eine Klageerhebung oder Rechtsmitteleinlegung durch eine einfache E-Mail genügt dagegen nicht den Anforderungen an die Schriftform (LSG Bayern, Urteil v. 29.3.2011, L 8 AS 75/11, juris, Rn. 16; LSG NRW, Beschluss v. 26.10.2009, L 19 B 301//09 AS ER, juris, Rn. 5; Beschluss v. 15.2.2008, L 10 SB 53/06; Beschluss v. 12.12.2007, L 19 B 126/07 AS). Hierauf hat das Gericht nach § 65a Abs. 2 Satz. 3 hinzuweisen (vgl. hierzu den Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz v. 3.9.2007, L 5 P 11/07).

 

Rz. 12

Für die Niederschrift einer Klage zu Protokoll ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig. Er darf die Niederschrift nicht ablehnen. Er darf und soll zwar beratend auf den Kläger einwirken und kann ihm ggf. auch von einer Klageerhebung abraten. Besteht der Kläger jedoch gleichwohl auf die Niederschrift, so muss sie aufgenommen werden. Der Urkundsbeamte soll in erster Linie das Klagebegehren aufnehmen sowie die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel. Die Niederschrift soll den Anforderungen des § 92 entsprechen. Zu weitergehenden Beratungen ist der Urkundsbeamte nicht verpflichtet (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 29.4.2011, L 14 AS 2063/09 B PKH, juris, Rn. 5).

Auch das Protokoll sollte sowohl von dem Kläger als auch von dem Urkundsbeamten unterzeichnet sein. Das Fehlen der Unterschriften führt aber ebenso wenig wie bei der schriftlichen Klageerhebung zur Unwirksamkeit.

 

Rz. 13

Umstritten ist, ob eine Klage auch in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Richters wirksam erhoben werden kann (befürwortend: Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 90 Rn. 6; ablehnend bzw. einen Formmangel annehmend: Peters/Sautter/Wolff, § 90 Anm. 2, S. II/22). Dafür spricht der Sinn und Zweck der Regelung. Da nur die Identität des Urhebers und die Einhaltung der Soll-Bestimmung des § 92 gesichert werden sollen und die...

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