4.1 Grundsätzliches

 

Rz. 5

Eine Sachentscheidung durch Urteil oder durch Beschluss darf nur dann ergehen, wenn zunächst bestimmte (Zulässigkeits-)Voraussetzungen erfüllt sind. Daher werden Prozessvoraussetzungen auch Sachentscheidungsvoraussetzungen genannt. Das Gericht hat die Prozessvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, so darf keine Sachentscheidung ergehen; die Klage ist als unzulässig abzuweisen. Das Gericht darf die Zulässigkeitsfrage grundsätzlich nicht offen lassen, auch dann nicht, wenn diese wesentlich schwieriger zu klären ist als die Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs. Ausnahmen sollen lediglich für solche Gesichtspunkte gelten, die sowohl für die Feststellung von Prozessvoraussetzungen als auch von Begründetheitsvoraussetzungen zu klären sind. Insbesondere hinsichtlich des Rechtsschutzinteresses kommt dies in Betracht (vgl. BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 4 RA 64/99 R, SozR 3-1500 § 54 Nr. 45 = NZS 2001 S. 541 m. w. N.).

4.2 Prozessvoraussetzungen im Überblick

 

Rz. 6

Eine bestimmte Prüfungsreihenfolge ist bei der Feststellung der Prozessvoraussetzungen nicht vorgegeben. Das Gericht wird im Urteil bzw. im Beschluss nach § 86b nur dann Ausführungen zur Zulässigkeit machen, soweit Anlass zu näherer Prüfung besteht. Die folgende Prüfungsreihenfolge ist üblich, aber nicht zwingend:

  • ordnungsgemäße Klageerhebung (§§ 90, 92),
  • deutsche Gerichtsbarkeit (§§ 18 bis 20 GVG),
  • Rechtswegzuständigkeit (§ 51),
  • Statthaftigkeit der Verfahrensart,
  • Statthaftigkeit der jeweiligen Klage- oder Antragsart:

    • statthafte Klageart (§§ 54, 55, 88) bzw. Antragsart (§ 86b),
    • Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage,
    • analog § 42 Abs. 2 bei der Leistungsklage,
    • Subsidiarität und Feststellungsinteresse bei der Feststellungsklage,
    • besondere Voraussetzungen der Untätigkeitsklage (§ 88),
    • Antragsbefugnis und Rechtschutzinteresse bei Anträgen nach § 86b,
  • sachliche Zuständigkeit (§§ 8, 29 Abs. 2 bis 4, 39 Abs. 2),
  • örtliche Zuständigkeit (§§ 57 bis 57b),
  • instanzielle Zuständigkeit (§§ 29 Abs. 1, 39 Abs. 1),
  • Beteiligtenfähigkeit (§ 70),
  • Prozessfähigkeit (§ 71),
  • Prozessvertretung und Prozessvollmacht (§ 72),
  • Postulationsfähigkeit,
  • Prozessführungsbefugnis (Befugnis nach eigenem Vorbringen, den Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen oder dass ein Fall der Prozessstandschaft vorliegt),
  • Rechtsschutzbedürfnis,
  • keine anderweitige Rechtshängigkeit (§ 141),
  • Vorverfahren bei der Anfechtungs- und/oder Verpflichtungsklage (§ 78),
  • Klagefrist (§§ 87, 89).

4.3 Prozesshandlungsvoraussetzungen

 

Rz. 7

Dabei handelt es sich um Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit bestimmte Prozesshandlungen zulässig sind. Gemeint sind damit die spezifischen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67), die Beiladung (§ 75), die Klageänderung oder Klageerweiterung (§ 99), die Widerklage (§ 100), Anerkenntnis (§ 101 Abs. 2), die Klagerücknahme (§ 102), die Rücknahme des Rechtsmittels (§ 156).

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