Rz. 23
§ 16 regelt grundsätzlich, wer Anträge auf Sozialleistungen entgegennimmt, wie die entgegen nehmenden Stellen mit gestellten Anträgen verfahren, wenn sie für die weitere Bearbeitung nicht zuständig sind, sowie die Wirksamkeit der Anträge. Daneben haben die Leistungsträger auf klare, sachdienliche und vollständige Anträge hinzuwirken. Auch Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII können nachgezahlt werden, wenn sich dies für den Leistungsträger ergibt (vgl. § 18 SGB XII). § 28 SGB X regelt daneben spezielle Fallgestaltungen, bei denen der Bürger vor Schäden durch Anträge auf eine "falsche" Leistung, auf die kein Anspruch besteht, bewahrt wird, weil der nachgeholte Antrag auf die "richtige" Leistung bis zu einem Jahr zurückwirkt. Damit werden zwei Sachverhalte abgedeckt:
- Der Antragsteller beantragt eine Sozialleistung, obwohl vom relevanten Lebenssachverhalt her auch eine andere Sozialleistung in Betracht käme. Wird nun die beantragte Sozialleistung abgelehnt oder ist diese, nachdem sie bewilligt worden war, zu erstatten, kann der Antragsteller nunmehr den Antrag auf die andere Sozialleistung nachholen. Tut er dies innerhalb von 6 Monaten nach Eintritt der Bindungswirkung des Ablehnungsbescheides oder Erstattungsbescheides, wirkt der nachgeholte Antrag auf den Tag der Antragstellung auf die abgelehnte Leistung zurück. Die Rückwirkung ist allerdings auf längstens ein Jahr begrenzt.
- Der Antragsteller beantragt eine Sozialleistung, ohne sich über die Anspruchsvoraussetzungen im Klaren zu sein. Zugleich stellt er einen Antrag auf die nach dem relevanten Lebenssachverhalt in Betracht kommende andere, aber nachrangige Sozialleistung nicht. Wird nun die beantragte Sozialleistung abgelehnt oder ist diese, nachdem sie bewilligt worden war, zu erstatten, kann der Antragsteller nunmehr den Antrag auf die nachrangige Sozialleistung nachholen. Tut er dies innerhalb von 6 Monaten nach Eintritt der Bindungswirkung des Ablehnungsbescheides oder Erstattungsbescheides, wirkt der nachgeholte Antrag auf den Tag der Antragstellung der abgelehnten Leistung zurück. Die Rückwirkung ist allerdings auf längstens ein Jahr begrenzt.
Es ist jedoch nicht Sinn von Zugunstenverfahren (z. B. nach dem SGB VI), für die Vergangenheit oder die Zukunft mehr an Leistung zu gewähren als nach materiellem Recht zusteht (BSG, Urteil v. 24.4.2014, B 13 R 3/13 R). Zum Nachrangprinzip der zweiten Leistung vgl. BSG, Beschluss v. 24.9.2012, B 14 AS 36/12 B, unter Hinweis auf u. a. BSG, Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 16/09 R).
Rz. 24
Auch ein Antrag auf Bürgergeld kann bis zu einem Jahr zurückwirken, wenn ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines solchen Antrages zunächst abgesehen hatte, weil er einen Antrag auf das Arbeitslosengeld als Versicherungsleistung der Arbeitsförderung gestellt hatte, der aber dann abgelehnt wurde. Die sonstigen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch werden dadurch allerdings nicht ersetzt (vgl. BSG, Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 16/09 R). Ein Antrag auf Arbeitslosengeld I umfasst nicht grundsätzlich auch einen Antrag auf Bürgergeld (vgl. BSG, Urteil v. 2.4.2014, B 4 AS 29/13 R, vgl. Rz. 19b).
Rz. 25
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II können auch beansprucht werden, wenn ein Antrag nach der Antragstellung zunächst nicht weiter verfolgt und erst ca. 7 Monate später abgegeben wird. Eine zwischenzeitliche Verwirkung ist ausgeschlossen. Aktivitäten sind vom Jobcenter zu entwickeln (vgl. Abs. 3). Der Antragsteller muss ggf. mitwirken, das setzt ein entsprechendes Verlangen des Jobcenters voraus (BSG, Urteil v. 28.10.2009, B 14 AS 56/08 R).