2.1 Grundsicherung für Arbeitsuchende
Rz. 3
Das Recht der Grundsicherung nach Abs. 1 bringt das sog. sozio-kulturelle Existenzminimum zum Ausdruck, das der verfassungsrechtlich gesicherten Würde des Menschen und dem Sozialstaatsgebot zu entsprechen hat.
Rz. 4
Unter dem Begriff der Arbeitsuchenden sind tatsächlich erwerbsfähige Menschen zu verstehen. Darunter fallen Menschen, die Arbeit suchen, Arbeitslose, aber auch erwerbsfähige Menschen, die keine Arbeit suchen und auch nicht arbeiten wollen. Entscheidend ist die objektive Fähigkeit, noch mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Rz. 5
Das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende unterscheidet nicht nach Arbeitnehmern und Selbständigen, nach Arbeitsuchenden und Arbeitslosen. Diese Merkmale sind allein statistischer Natur. Dennoch ist die Grundsicherung nicht allumfassend für alle erwerbsfähigen Personen formuliert. Einige besondere Sicherungssysteme werden durch Ausschlussregelungen im SGB II geschützt. Dazu gehört der Personenkreis der Asylbewerber, über den abschließend im Rechtskreis des Asylbewerberleistungsgesetzes befunden wird (Ausnahme: Ausländer mit Fiktionsbescheinigung nach § 74 SGB II haben direkten Zugang zu den Grundsicherungsleistungen, insbesondere für Ukrainer konzipiert). Menschen aus dem Ausland, die auch bei einer aktuellen tatsächlichen Möglichkeit der Integration aus rechtlichen Gründen keine Chance auf die Erlaubnis zur Arbeitsaufnahme hätten, gehören nicht dem Personenkreis an, der Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen kann. Andererseits genügt es jedoch auch bei nachrangigem Zugang eines Ausländers zum Arbeitsmarkt, dass dieser überhaupt möglich ist. In eingeschränktem Umfang gilt ein Leistungsausschluss auch für Jugendliche, die studieren oder eine Ausbildung absolvieren. Sie gehören dem Rechtskreis der Ausbildungsförderung an, der sich im BAföG niederschlägt. Dieser Personenkreis ist deshalb mit Ausnahmen, bei denen lediglich ein Nachrang der Grundsicherung für Arbeitsuchende greift, von der Grundsicherung ausgeschlossen. Systematisch konsequent sind auch Altersrentner und vergleichbare Personen von der Grundsicherung nach dem SGB II ausgeschlossen, weil ihr Erwerbsleben beendet ist. Schließlich gehören auch Personen mit Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis.
Rz. 6
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sind im SGB II umfassend vorgesehen. Sie lehnen sich einerseits an die Eingliederungsleistungen der Arbeitslosenversicherung im SGB III an, daneben sind eigenständige Leistungen vorgesehen, z. B. das Einstiegsgeld, um aus rechtssystematischen Gründen ausgeschlossene Leistungen nach dem SGB III auszugleichen. Andererseits tragen Unterstützungsleistungen wie z. B. die Sucht- oder Schuldnerberatung dazu bei, die leistungsberechtigten Personen auf eine Erwerbstätigkeit vorzubereiten oder an die Rückkehr in das Erwerbsleben heranzuführen. Jede Leistung, die mittelbar oder unmittelbar Hindernisse beseitigen kann, die einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen oder sie erschweren, kann erbracht werden, z. B. an schwer erreichbare junge Menschen. Auch die Teilhabe am sog. "sozialen Arbeitsmarkt" ist in das SGB II eingeführt und zum 1.1.2023 entfristet worden. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende berücksichtigt auch den Umstand, dass viele im Grunde erwerbsfähige Personen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt chancenlos sind. Für sie sind Arbeitsgelegenheiten mit Aufwandsentschädigung (sog. "Ein-Euro-Jobs") vorgesehen. Dieses eigenständige Instrumentarium einschließlich einer freien Förderung, mit der bei spezifischen Personen auch die gesetzlichen Leistungen umgangen oder aufgestockt werden dürfen, macht nach Auffassung des Gesetzgebers die klassischen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen überflüssig. Diese Maßnahmen können weder nach dem Recht der Arbeitsförderung im SGB III noch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gefördert werden. Mit der Weiterentwicklung zum Bürgergeld wurden auch weitere für die Grundsicherung spezifische Leistungen eingeführt: für kurze Zeit ein Bürgergeld-Bonus, außerdem eine ganzheitliche Betreuung durch umfassendes Coaching der leistungsberechtigten Personen.
Rz. 7
Leistungen zum Lebensunterhalt sind die eigentlichen Grundsicherungsleistungen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und nicht erwerbsfähige Angehörige in der Bedarfsgemeinschaft erhalten das Bürgergeld. Eine Differenzierung zwischen diesen Personen hat der Gesetzgeber auch begrifflich aufgegeben, Unterschiede werden bei den einzelnen Leistungen definiert. Die Leistungen bestehen aus konkreten Regelbedarfen, die nicht prozentual von einer Eckregelleistung abgeleitet sind, sondern anhand des festgestellten Bedarfs aus einer regelmäßigen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe bestimmt wurden, sowie für Unterkunft und Heizung, aus Mehrbedarfsleistungen bei bestimmten Lebenssachverhalten, z. B. Alleinerziehung oder Schwangerschaft, und Sonderleistungen, die von der Regelleistung nicht u...