Rz. 12
Abs. 1 Nr. 3 liegt, korrespondierend mit § 9 SGB X, der Gedanke zugrunde, dass die angestrebte umfassende Verwirklichung sozialer Rechte nur zu erreichen ist, wenn sich der Zugang zu diesen Leistungen möglichst einfach gestaltet, wozu typischerweise zunächst einmal die Antragstellung oder Geltendmachung eines entsprechenden Bedarfs an Sozialleistungen gehört. Exemplarisch erwähnt das Gesetz daher die Gestaltung von Antragsvordrucken. Diese dienen der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens und sollen eine umfassende und zügige Ermittlung des für die Entscheidung über die beantragte Sozialleistung erheblichen Sachverhalts ermöglichen. Nach § 60 Abs. 2 (vgl. Komm. dort) sollen solche Antragsvordrucke auch benutzt werden, wobei dies jedoch für eine wirksame Antragstellung nicht Voraussetzung ist. Jedoch kann die vollständige Beantwortung der Fragen in einem vorgegebenen Leistungsantrag für den Beginn der Verzinsung nach § 44 von Bedeutung sein (vgl. BSG, Urteil v. 28.2.1990, 2 RU 41/89). Die Forderung nach einer allgemeinverständlichen Fassung solcher Vordrucke kann allerdings nicht ohne deren Zwecksetzung und der zugrunde liegenden Rechtsmaterie verstanden und interpretiert werden. Je nach Komplexität und Kompliziertheit der Rechtsmaterie kann und muss ein solcher Antragsvordruck daher auch alle gesetzlich relevanten Eventualitäten und Besonderheiten erfassen und kann dementsprechend umfangreich und für einen Laien "unverständlich" sein. Wie dieser Konflikt zwischen Antragsvordrucken, die der Komplexität und Kompliziertheit der Rechtsmaterie und den einzelnen gesetzlichen Regelungen genügen, und der Verwendung der Leichten Sprache nach § 11 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) gelöst werden wird, bleibt abzuwarten. Die Pflicht zur Schaffung und Verwendung möglichst allgemein verständlicher Vordrucke kann bei der Frage des Verschuldens der Fristversäumnis eines Berechtigten (§ 27 SGB X) von Bedeutung sein (vgl. BSG, Urteil v. 16.10.1986, 12 RK 32/85), wobei allerdings materiellrechtliche Ausschlussfristen über § 17 nicht überwunden werden können. Die Forderung nach einer zweifelsfreien und leicht zu handhabenden Gestaltung von Formularen und Bescheinigungen soll auch gelten, wenn der Leistungsträger etwa den Arbeitgeber dazu heranzieht, Formulare auszufüllen oder Bescheinigungen auszustellen (BSG, Urteil v. 30.1.1990, 11 RAr 11/89).
Rz. 12a
Zur einfachen Gestaltung des Zugangs zu den Sozialleistungen gehört auch, dass die Verwaltungsorganisation so gestaltet ist, dass die Leistungsträger räumlich und zeitlich erreichbar sind, damit die Ansprüche auf Sozialleistungen auch ohne Behinderung geltend gemacht werden können. Dabei können diese Anforderungen je nach Leistungsart allerdings unterschiedlich ausfallen. Während in vielen Sozialversicherungsbereichen übliche Behördenöffnungszeiten mit der Möglichkeit einer darüber hinausgehenden individuellen Terminvereinbarung ausreichend sein dürften, wird im Bereich der Sozialhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe eine ständige Dienstbereitschaft zu fordern sein. Weiter ist dafür ein ausreichendes und hinreichend qualifiziertes Personal erforderlich, um Anträge zügig zu bearbeiten und um auf ein laienhaft vorgetragenes Leistungsbegehren sachgerecht reagieren zu können und sei es auch nur hinsichtlich der richtigen Auskunft über den zuständigen Leistungsträger nach § 15.