0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch Art. 2, Art. 32 Abs. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Erstes SGB III-Änderungsgesetz – 1. SGB III-ÄndG) v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) mit Wirkung zum 1.1.1998 eingefügt und seither nicht geändert worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Angesichts zunehmender Fälle der Geltendmachung anderer als der bisher angegebenen Geburtsdaten im Zusammenhang mit der Beanspruchung von Leistungen, insbesondere von im Ausland geborenen Personen, war hier gesetzlicher Handlungsbedarf für die Bestimmung eines bestimmten Alters gesehen worden. Der zuvor maßgebliche Bezug auf das "wirkliche" Geburtsdatum wurde damit aufgegeben. Die Vorschrift hat gewisse Züge der Vermeidung widersprüchlichen Verhaltens in Bezug auf ein selbst für maßgeblich gehaltenes Alter (BSG, Urteil v. 31.3.1998, B 8 KN 11/95 R) und der Bindung an eigene zurechenbare Erklärungen. Sie trägt allerdings zur Streitvermeidung und Befriedung, indem sie von vornherein nutzlose Manipulationsversuche vermeidet, nur wenig bei, wie die Vielzahl von Klageverfahren auch nach Inkrafttreten der Regelung zeigen. Sie wird vielmehr sogar zunehmend Bedeutung durch den Zuzug im Ausland geborener Personen (Flüchtlinge) erhalten (vgl. Matlok, NZS 2018, 200).
Rz. 2a
Die Vorschrift gilt nach dem gesetzgeberischen Willen nur für die Sozialgesetzbücher, nicht in anderen Rechtsbereichen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass § 33a mittelbar in andere Rechtsbereiche ausstrahlt. Für den Fall, dass arbeitsrechtliche Vereinbarungen auf den Anspruch auf Altersrente abstellen, hat das BAG (Urteil v. 14.8.2002, 7 AZR 459/01) dafür auf das nach § 33a für die Altersrente maßgebliche Alter abgestellt.
Rz. 3
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/8994 S. 67) soll die Regelung die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen vermeiden, in denen aufgrund einer Änderung von Geburtsdaten ein längerer (z. B. Waisenrente, Kindergeld als Sozialleistung) oder früherer Bezug (z. B. Rente wegen Alters) einer Sozialleistung beantragt wird. Für das Kindergeld nach dem Einkommensteuerrecht fehlt eine § 33a entsprechende Regelung in den §§ 62 ff. EStG. § 33a ist daher im Kindergeldrecht nach dem EStG nicht anwendbar (vgl. BFH, Urteil v. 24.9.2009, III R 62/07).
Rz. 3a
Grundsätzliche Bedenken verfassungsrechtlicher oder europarechtlicher Art gegen diese Vorschrift bestehen nicht (BSG, Urteil v. 19.10.2000, B 8 KN 3/00 R; BSG, Urteil v. 5.4.2001, B 13 RJ 35/00 R).
2 Rechtspraxis
2.1 Maßgeblichkeit des erstgenannten Geburtsdatums (Abs. 1)
Rz. 4
Eine Vielzahl von Ansprüchen und gesetzlichen Regelungen stellen auf das Alter oder auf Altersgrenzen ab, die durch den tatsächlichen Tag der Geburt als objektives Ereignis bestimmt werden. Dies liegt bei Altersrenten auf der Hand, gilt aber z. B. für die Familienversicherung von Kindern in der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 10 Abs. 2 SGB V, § 25 Abs. 2 SGB XI), die Dauer der Versicherungspflicht als Student (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V), die Arbeitslosenversicherungsfreiheit (§ 28 Nr. 1 SGB III) oder den Wegfall von Arbeitslosengeld (§ 136 Abs. 2 SGB III) beim Erreichen der dort genannten Altersgrenzen für die Regelaltersrente. Darüber hinaus dient das Geburtsdatum zur Identifikation einer Person und findet dadurch Eingang in Register, Urkunden und Kennzeichen (Abs. 3). Dieses dokumentierte Geburtsdatum kann fehlerhaft sein, weil es nicht das Datum der tatsächlichen Geburt ("wirkliches Geburtsdatum") wiedergibt. Die Gesetzesbegründung, wonach "ausländische Rechtsordnungen die Möglichkeit vorsehen, das Geburtsdatum zu ändern" (BT-Drs. 13/8994 S. 67), ist daher insoweit ungenau, als nicht das "wirkliche" Geburtsdatum änderbar ist, sondern allenfalls ein dokumentiertes Geburtsdatum berichtigt oder geändert werden kann.
Rz. 5
Die Vorschrift macht das zuerst angegebene und damit dokumentierte Geburtsdatum, unabhängig von dessen Richtigkeit, zum maßgeblichen Datum für alle altersabhängigen Rechte oder Pflichten. Ob über das Geburtsdatum hinaus falsche Angaben zur Identität gemacht werden, ist für die Anwendung der Vorschrift ohne Bedeutung (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 7.3.2012, L 4 R 487/11). Die Vorschrift knüpft damit weitgehende materiell-rechtliche Wirkung an das erstmals für das SGB dokumentierte Geburtsdatum; auf die objektive Richtigkeit kommt es dabei nicht an. Die Regelung findet, mangels einer abweichenden Übergangsregelung, auch Anwendung, wenn die erstmalige Angabe eines Geburtsdatums vor dem 1.1.1998 erfolgt war (BSG, Urteil v. 19.5.2004, B 13 RJ 26/03 R).
Rz. 6
Das Geburtsdatum muss allerdings gegenüber einem Sozialleistungsträger (§§ 12, 18 bis 29) angegeben worden sein. Der Sozialleistungsträger, dem gegenüber die erstmalige Altersangabe erklärt wurde, muss dabei nicht der Leistungsträger sein, dem gegenüber später altersabhängige Rechte oder von dem altersabhängige Pflichten geltend gemacht werden. Ob aufgrund der ersten Angabe des Geburtsdatums bereits Leistungen erbracht wurden, ist unerheblich (so auch Weselski/Öndül, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK...