2.1.1 Sozialdaten
Rz. 6
Geschützt sind Sozialdaten. Der Begriff ist im § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X gesetzlich definiert (vgl. dort).
Geschützt sind alle Informationen, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen oder beziehen lassen. Es ist unerheblich, ob es sich um Tatsachen oder Bewertungen handelt. Es gibt auch keine Abstufung nach dem Grad der Sensibilität des einzelnen Datums. Geschützt sind auch sog. Negativverhältnisse, z. B. die Tatsache, dass jemand nicht Mitglied der befragten Krankenkasse ist, keine Sozialhilfe erhält, keinen Rentenantrag gestellt hat.
Rz. 7
Keine Sozialdaten sind solche Einzelangaben, die sich weder direkt noch zur Zusammenführung mit anderen Informationen individualisieren lassen, da ihnen der Personenbezug fehlt. Dies ist insbesondere der Fall bei pseudonymisierten und anonymisierten Daten. Seit 25.5.2018 wird der Begriff der Pseudonymisierung in Art. 4 Nr. 5 DSGVO definiert als "die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, dass die personenbezogenen Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht mehr einer spezifischen betroffenen Person zugeordnet werden können, sofern diese zusätzlichen Informationen gesondert aufbewahrt werden und technischen und organisatorischen Maßnahmen unterliegen, die gewährleisten, dass die personenbezogenen Daten nicht einer identifizierten oder identifizierbaren natürlichen Person zugewiesen werden".
Bei pseudonymisierten Daten handelt es sich nicht mehr um Sozialdaten i. S. v. § 67 Abs. 1 X.
Der Begriff "Anonymisierung" ist nicht mehr gesetzlich definiert. Dies ist grundsätzlich auch nicht erforderlich, da nach dem Erwägungsgrund (EG) 26 der DSGVO die Grundsätze des Datenschutzes nicht für anonymisierte Informationen gelten; Im 2. Kapitel des SGB X finden sich im Zusammenhang mit Forschung und Planung noch Vorgaben zur Anonymisierung in § 67c Abs. 5 und § 75 Abs. 3. Ausführlich hierzu die Komm. zu § 67 SGB X.
Rz. 8
Voraussetzung für eine Qualifizierung als Sozialdatum ist ferner ein Sachbezug, d. h., dass die in § 35 genannte Stelle die Informationen im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhebt oder verwendet. Näheres zu den Aufgaben vgl. bei § 67 SGB X (vgl. Komm. zu § 67 SGB X). Nicht unter den Schutz des Sozialgeheimnisses fallen somit die anderen, personenbezogenen Daten, die die Stelle nach § 35 sich beschafft hat oder besitzt, z. B. in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin oder für fiskalische Handlungen (eigene Bedarfsdeckung, z. B. Kauf von Büromöbeln).
Rz. 9
Es ist unerheblich, auf welche Art und Weise die Stelle nach § 35 die Einzelangaben erlangt hat. Nicht nur die Angaben der betroffenen Person selbst oder die Auskünfte Dritter, sondern auch Einzelangaben durch eigene Inaugenscheinnahme der Stelle nach § 35, durch Begutachtungen oder Feststellungen durch Bedienstete, sind Sozialdaten im Sinne dieses Gesetzes.
Rz. 10
Ferner ist die Form, in welcher die Sozialdaten beim Leistungsträger bzw. bei einer in § 35 genannten Stelle festgehalten werden, unbeachtlich. Laut EG 15 DSGVO sollte der Schutz "für die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten ebenso gelten wie für die manuelle Verarbeitung von personenbezogenen Daten, wenn die personenbezogenen Daten in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Akten oder Aktensammlungen sowie ihre Deckblätter, die nicht nach bestimmten Kriterien geordnet sind, sollten nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen". Diese Forderung wird umgesetzt in Art. 2 Abs. 1 DSGVO; danach gilt die DSGVO "für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen".
Damit umfasst das Sozialgeheimnis sowohl Sozialdaten in herkömmlich geführten (Papier-)Akten als auch in automatisiert gespeicherten Dateisystemen.
Der Begriff Dateisystem ist in Art. 4 Nr. 6 DSGVO definiert und bezeichnet "jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird".
2.1.2 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
Rz. 11
Nach § 35 Abs. 4 stehen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse den Sozialdaten gleich. Die Ausweitung des Sozialgeheimnisses auch auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berücksichtigt die Tatsache, dass die Sozialleistungsträger im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung nach dem SGB auch Informationen über Firmen/Arbeitgeber (z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen) erhalten. Wie bei den Sozialdaten ist auch hier der Sachbezug (vgl. Rz. 8) ein Kriterium für die Entscheidung, ob die Information als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis den Geheimnisschutz als Sozialdatum genießt.
Rz. 12
Der Begriff ist durch § 67 Abs. 2 Satz 2 SGB X gesetzlich definiert (vgl. Komm. zu § 67 SGB X). Es handelt sich um alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen...