Rz. 22
Die in Satz 1 genannten Leistungsträger sind die wichtigsten Adressaten des Sozialgeheimnisses. Welche Stellen in diesem Sinn Leistungsträger sind, bestimmt sich nach § 12 SGB I, der auf §§ 18ff. SGB I verweist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Ergänzt wird sie durch § 68 SGB I. Danach gelten die in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Gesetze als besondere Teile des SGB.
Rz. 23
Sofern in § 68, z. B. Wohngeldgesetz oder Unterhaltsvorschussgesetz, bestimmte Stellen für die Erbringung/Forderung der Sozialleistung benannt bzw. durch Landesrecht bestimmt sind, gelten sie ebenfalls als Sozialleistungsträger i. S. v. Abs. 1 Satz 1.
Weitere Ausführungen hierzu vgl. Komm. zu § 67 Abs. 4 SGB X.
Rz. 24
Besonderheit bei Unterhaltsansprüchen
Handelt es sich bei den Leistungen, die von einer Landesbehörde erbracht/vollzogen werden, um übergegangene Unterhaltsansprüche, z. B. nach § 7 UVG, § 94 SGB XII, § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB II, also um privatrechtliche Ansprüche, so behalten diese Leistungen ihren privatrechtlichen Status auch nach dem Übergang auf diese Stelle.
Bestätigen aber die nicht im § 35 SGB I genannten Landesbehörden und andere Stellen in ihren Auskunftsersuchen, dass ihre Dienststelle die nach Landesrecht zuständige Stelle für den Vollzug des § 7 UVG, § 94 SGB XII oder § 37 BAföG ist und es sich damit um eine sozialrechtliche Aufgabenerfüllung handelt, können Auskunftsersuchen im Rahmen von § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zulässig beantwortet werden. Eine Gleichstellung dieser Stellen als Sozialleistungsträger i. S. v. § 35 SGB I erfolgt ebenfalls über § 68, z. B. im Bereich der Bundesausbildungsförderung durch § 68 Nr. 1 und für die Unterhaltsvorschussleistungen nach § 68 Nr. 14.
Es dürfen daher nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X auch Sozialdaten an die Landesämter für Finanzen, Rechtsämter o. Ä. im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach § 7 UVG, § 94 SGB XII, § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB II und anderer Vorschriften zum Übergang von Unterhaltsansprüchen zulässig übermittelt werden.
§ 68 SGB X bietet dagegen keine Übermittlungsgrundlage für diese Ansprüche, da es sich nicht um öffentlich-rechtliche Ansprüche handelt.
Rz. 25
Nach Satz 4 gilt der Schutzanspruch der betroffenen Personen auch gegenüber den Stellen, die mit den Leistungsträgern nach Satz 1 funktionell verbunden sind oder mit ihnen zusammenarbeiten. Der Adressatenkreis wird im Gegensatz zu den Leistungsträgern nach Satz 1 direkt in Satz 4 aufgezählt. Es handelt sich um eine abschließende Aufzählung, die in den letzten Jahren mehrmals ergänzt wurde:
- zum 1.1.2001 durch Art. 1 Nr. 4 des 4. Euro-Einführungsgesetzes um "die Versicherungsämter und Gemeindebehörden, soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen",
zum 1.1.2002 um die Adoptionsvermittlungsstellen, vgl. Art. 4 Abs. 5 des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts v. 5.11.2001 (BGBl. I S. 2950). Welche Stellen anerkannte Adoptionsvermittlungsstellen i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB I sind, ergibt sich (seit 1.4.2021) aus § 2 Abs. 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes (vorher: § 2 Abs. 2 Adoptionsvermittlungsgesetz).
Durch ein gesetzgeberisches Versehen steht hinter den Adoptionsvermittlungsstellen der Zusatz "soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen". Dieser Zusatz wurde bereits zum 1.1.2001 durch das 4. Euro-Einführungsgesetz (vgl. vorstehend) eingefügt und bezieht sich ausdrücklich auf die Versicherungsämter und Gemeindebehörden. Bei der Ergänzung von Satz 4 wurden die Adoptionsvermittlungsstellen nicht an das Ende des Satzes angefügt, sondern an die vorhandene Aufzählung der Stellen, ohne zu beachten, dass die folgende Einschränkung nur für die Versicherungsämter und Gemeindebehörden gilt. Bei Anfragen von Adoptionsvermittlungsstellen ist daher nur darauf zu achten, dass sie anerkannt nach § 2 Abs. 3 Adoptionsvermittlungsgesetz sind.
- zum 1.8.2002 durch das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit v. 23.7.2002 (BGBl. I S. 2787) die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 SGB X durchführen,
- zum 1.1.2005 aufgrund Art. 3 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung um die Datenstelle der Rentenversicherung
- zum 1.1.2018 durch Art. 3 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) die Integrationsfachdienste.
Rz. 26
Mit den in Satz 4 genannten Stellen, die Aufgaben nach § 67c Abs. 3 SGB X wahrnehmen, sind die Aufsichts-, Kontroll-, Disziplinar- und Rechnungsprüfungsbehörden sowie Behörden zur Durchführung von Organisationsuntersuchungen gemeint. Dabei gilt die funktionale Einschränkung in Bezug auf die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch etc. (vgl. § 67 Abs. 2 und 3 SGB X).