2.1 Erstattung von Aufwendungen bei vorläufiger Leistungsgewährung (Abs. 1)
Rz. 7
§ 10b Abs. 1 regelt nur einen Kostenerstattungsanspruch in den Fällen, in denen eine an sich örtlich nicht zuständige Behörde vorläufig Leistungen nach § 10a Abs. 2 Satz 3 erbracht hat. Das sind Eilfälle (Fälle der stationären Notfallbehandlung eines sich rechtmäßig im Bereich einer anderen Behörde aufhaltenden Ausländers; vgl. Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. 2006, § 10b AsylbLG Rz. 5) und die Fälle, in denen ein gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten auch 4 Wochen nach Kenntniserlangung der Behörde von der Bedarfslage nicht feststellbar war.
Rz. 8
Die Kosten müssen von der erstattungsberechtigten Behörde geltend gemacht werden (§ 9 Abs. 3 i. V. m. § 111 SGB X). Eine Verjährung der Ansprüche ist möglich und tritt 4 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in der Anspruch entstanden ist (§ 9 Abs. 3 i. V. m. § 113 SGB X; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl. 2008, § 10b AsylbLG Rz. 2). Die Verjährung ist eine Einrede, auf die sich die anspruchsverpflichtete Behörde ggf. berufen muss (Hohm, AsylbLG, § 10b Rz. 44, unter Hinweis auf § 22 BGB).
Rz. 9
Nach Auffassung des OVG Koblenz ist die Kostenerstattungsregelung in § 10b Abs. 1 eindeutig und abschließend. Eine analoge Anwendung des § 10a Abs. 1 mit der Folge, dass bei Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthalts an einem Ort in Deutschland (hier: Krankenhausbehandlung nach einem Unfall während eines Touristenbesuchs für 5 Tage) die Behörde des tatsächlichen Aufenthalts vor Aufnahme in die Einrichtung zur Kostenerstattung herangezogen werden könne, sei nicht möglich (OVG Koblenz, Urteil v. 21.10.2004, 12 A 11140/04; a. A. wohl OVG Münster, Beschluss v. 23.6.2000, 16 B 738/00).
Rz. 10
Eine Verwirkung des Anspruchs aus § 10b Abs. 1 ist möglich, setzt aber über den reinen Zeitablauf hinaus noch besondere Umstände voraus, die die Weiterverfolgung des Anspruchs als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. Hohm, AsylbLG, § 10b Rz. 45).
2.2 Erstattung bei Verlassen einer Einrichtung (Abs. 2)
Rz. 11
§ 10a Abs. 2 geht von einer Verlängerung der Leistungspflicht derjenigen Behörde aus, in deren Zuständigkeitsbereich die Einrichtung liegt, in der der Leistungsberechtigte untergebracht war, wenn er nach Verlassen der Einrichtung noch im Zuständigkeitsbereich dieser Behörde verbleibt. Im Gegenzug erhält die für den Ort der Einrichtung zuständige Behörde einen Erstattungsanspruch gegen die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich der Leistungsberechtigte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die Einrichtung hatte (§ 10a Abs. 2 Satz 1).
Rz. 12
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 10b Abs. 2 kann nur entstehen, wenn der Leistungsberechtigte sich nach dem Verlassen der Einrichtung am Einrichtungsort aufhält und an diesem Ort innerhalb eines Monats der Hilfe bedarf (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 19.12.2005, 7 S 266/03). Hinzukommen muss außerdem, dass die örtliche Zuständigkeit einer anderen Behörde nach § 10a Abs. 2 Satz 1 gegeben ist. Der Aufenthalt muss nicht rechtmäßig sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 19.12.2005, 7 S 266/03).
Rz. 13
Ein Einrichtungsaufenthalt kann auch in dem Aufenthalt in einer Strafvollzugsanstalt oder einer anderen Institution gesehen werden, die dem Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung dient. Dass während des Aufenthalts in der Einrichtung keine Leistungen nach dem AsylbLGleistungsgesetz gewährt worden sind, hindert die Anwendung des § 10b nicht (Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. 2006, § 10b AsylbLG Rz. 10).
Rz. 14
Verlassen wird die Einrichtung, wenn der Leistungsberechtigte faktisch aus der Obhut der Einrichtung ausgetreten ist, wie z. B. bei der Entlassung. Eine bloß vorübergehende Abwesenheit mit der Absicht und der objektiven Möglichkeit der Rückkehr erfüllt den Begriff des Verlassens nicht (Hohm, a. a. O., Rz. 11). Der Hilfebedarf muss innerhalb einer Frist von einem Monat danach entstehen. Die Frist beginnt einen Tag nach Verlassen der Einrichtung (Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 10b AsylbLG Rz. 3; Hohm, AsylbLG, § 10b Rz. 62: Rechtsgedanke des § 187 Abs. 1 BGB).
Rz. 15
§ 10b Abs. 2 nimmt ausdrücklich auf § 10a Abs. 2 Satz 1 Bezug und erklärt damit den gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung oder in den 2 Monaten davor für entscheidend im Hinblick auf die Bestimmung eines etwaigen Erstattungsschuldners. Bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes sind allein die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Einrichtungsaufenthalts in den Blick zu nehmen, insbesondere, weil § 10b Abs. 2 anders als die Parallelvorschrift des § 103 Abs. 3 BSHG a. F. keine Regelungen enthält, die Unterbrechungen des Einrichtungsaufenthalts im Wege der Fiktion für unbeachtlich erklären und damit einen Rückgriff auf die Verhältnisse bei vorangegangenen Einrichtungsaufenthalten nicht zulässt (BVerwG, Beschluss v. 25.10.2006, 5 B 31/06; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 19.12.2005, 7 S 266/03). Maßgeblich für die Anwendung des § 10b Abs. 2 sind daher...