Rz. 16
Abs. 4 wurde durch das Integrationsgesetz v. 31.7.2016 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung zum 6.8.2016 angefügt. Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 39 Nr. 1 SGB II. Die gemäß § 86a Abs. 1 SGG grundsätzlich bestehende aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Satz 4 SGG in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Davon macht Abs. 4 in den dort genannten Fällen Gebrauch.
Rz. 17
Gemäß Abs. 4 Nr. 1 entfällt die aufschiebende Wirkung gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine Leistung nach dem AsylbLG ganz oder teilweise entzogen oder die Leistungsbewilligung aufgehoben wird. Die Entziehung einer Leistung kommt gemäß § 9 Abs. 3 i. V. m. § 66 SGB I in Betracht, falls der Leistungsempfänger einer Mitwirkungshandlung nicht nachkommt und die übrigen Voraussetzungen der Norm vorliegen. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung ist i. S. d. Terminologie des § 50 SGB X zu verstehen (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 11 Rz. 33). Erfasst wird damit nicht nur die Aufhebung der Bewilligung gemäß § 48 SGB X, sondern auch die Aufhebung eines Bewilligungsbescheides nach §§ 44, 45 SGBX und der Widerruf gemäß § 47 SGB X (allg. Auffassung: Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, a. a. O., Rz. 33 m. w. N.). Groth (a. a. O., Rz. 98) weist zu Recht darauf hin, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die durch Bescheid festgesetzte Erstattung überzahlter Leistungen nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung haben. Insoweit trifft Abs. 4 Nr. 1 keine Regelung.
Rz. 18
Gemäß Abs. 4 Nr. 2 entfällt die aufschiebende Wirkung gegen einen Bescheid, mit dem eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a oder § 11 Abs. 2a festgestellt wird. Angesichts der Diktion "... festgestellt wird ... " wird deutlich, dass die Feststellung der Leistungseinschränkung durch einen gesonderten Verwaltungsakt erfolgen muss (Groth, a. a. O., Rz. 99; Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, a. a. O., Rz. 34; Bay. LSG, Beschluss v. 1.3.2018, L 18 AY 2/18 B ER; a. A. allerdings Bay LSG, Beschluss v. 20.12.2022, L 8 AY 131/22 B ER). Da im Wortlaut von Abs. 4 Nr. 2 die Leistungseinschränkungen nach § 1a und § 11 Abs. 2a ausdrücklich genannt werden, dürfte es kaum vertretbar sein anzunehmen, dass die aufschiebende Wirkung auch in den Fällen der Leistungseinschränkung nach § 5 Abs. 4 Satz 2 und nach § 5b Abs. 2 Satz 1 entfällt, wenngleich dort jeweils auf die entsprechende Anwendung von § 1a Bezug genommen wird (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, a. a. O., Rz. 34 m. w. N.).
Rz. 19
Gerichtlicher Rechtschutz ist in den Fällen des Abs. 4 Nr. 1 und 2 für die betroffenen Leistungsempfänger gewährleistet. Sie können gemäß § 86a Abs. 3 SGG bei der Behörde die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheides über die Entziehung (Abs. 4 Nr. 1) oder der Aufhebung (Abs. 4 Nr. 2) beantragen. Wird dies abgelehnt, so können sie gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG beim Sozialgericht als Gericht des ersten Rechtszuges die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragen. Gegen die Entscheidung des Sozialgerichts ist die Beschwerde zum Landessozialgericht gegeben (§ 172 Abs. 1 SGG).