2.3.1 Notwendiger Bedarf

 

Rz. 24

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern v. 23.12.2014 am 1.3.2015 sind bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen vorbehaltlich des Satzes 3 gemäß Abs. 3 Satz 1 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Die maßgeblichen Regelsätze sind in § 3a Abs. 2 normiert. In der Gesetzesbegründung heißt es, der Vorrang von Geldleistungen entspreche der Leistungsrealität in vielen Bundesländern, in denen schon damals aus Gründen der Verwaltungsökonomie häufiger Geld- als Sachleistungen erbracht wurden. Auch stärke die Neuregelung die Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten (BT-Drs. 18/3144 S. 16). Gemäß Abs. 3 Satz 2 können, "soweit es nach den Umständen erforderlich ist", Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen anstelle von Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs gewährt werden. Als unbare Abrechnung wird die schriftliche Erklärung des Leistungsträgers verstanden, mit der dieser sich verpflichtet, demjenigen einen festgelegten Betrag Geld zu zahlen, der gegen die Erklärung einen bestimmten Gegenstand eintauscht (z. B. Kundenkontoblätter, Punkte- und Chipkartensysteme; BT-Drs. 18/3160 S. 12). Gegen Vorlage von Wertgutscheinen erhält der Leistungsberechtigte in einem Geschäft oder einer Einrichtung eines Wohlfahrtverbandes bestimmte Gegenstände. Der Leistungsträger wählt die Form der Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen aus.

2.3.2 Bedarf für Unterkunft, Heizung, Hausrat, Wohnungsinstandhaltung und Haushaltenergie

2.3.2.1 Unterkunft

 

Rz. 25

Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird gemäß Abs. 3 Satz 3 gesondert erbracht. Die Leistungen werden erbracht, soweit sie notwendig und angemessen sind. Sie sind nicht in den Bedarfssätzen nach § 3a Abs. 2 enthalten. Sie können als Geld- oder Sachleistungen erbracht werden. Insoweit besteht kein Rangverhältnis. Die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft oder in einer städtischen Wohnung wird als Sachleistung erbracht. Übernimmt der Leistungsträger Miete und Nebenkosten für eine Privatwohnung, so handelt es sich um eine Geldleistung. Zusätzlich übernimmt der Leistungsträger in einem solchen Fall die Kosten für Heizung und Warmwasser (Herbst, in Mergler/Zink, AsylbLG, § 3 Rz. 29).

 

Rz. 26

Der Leistungsberechtigte hat keinen Anspruch auf Unterbringung in einer bestimmten Wohnung oder Unterkunft. Der Leistungsträger entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall über die Art und Weise der Unterbringung. Ermessensgesichtspunkte sind u. a. die Anzahl der Familienmitglieder, die voraussichtliche weitere Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, bei Erwerbstätigkeit die Entfernung zum Arbeitsplatz, Pflege von Angehörigen und ausländerrechtliche Auflagen. Der Leistungsträger hat nach pflichtgemäßem Ermessen über die Zuweisung bzw. die Finanzierung einer geeigneten Wohnung zu entscheiden. Ein Hilfesuchender, der nach § 3 leistungsberechtigt ist, und der zur Deckung seines notwendigen Unterkunftsbedarfs eine Wohnung anmieten möchte, kann grundsätzlich eine sog. Mietübernahmeerklärung des Trägers der Sozialhilfe als persönliche Hilfe i. S. d. § 10 Abs. 1 SGB XII beanspruchen. Allerdings kann er diese Erklärung nur verlangen, wenn er eine Wohnung von angemessener Größe und Ausstattung anmieten will, und der Vermieter die Vermietung von der Zustimmung des Leistungsträgers abhängig macht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.7.2008, L 20 B 49/08 SO ER). Eine Karenzzeit, innerhalb der die tatsächlichen Mietkosten auch dann zu übernehmen sind, wenn sie unangemessen hoch sind, sieht § 3 (anders als § 35 Abs. 2 SGB XII und § 22 Abs. 1 SGB II) nicht vor. Sonstige mit der Wohnungsnahme verbundene Kosten (z. B. Umzugskosten Mietkaution, Maklergebühren) können im Einzelfall nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 Satz 1 übernommen werden.

 

Rz. 27

Bei der Entscheidung sind zahlreiche objektive und subjektive Ermessenskriterien zu beachten:

Objektive Umstände: Organisations- und Planungshoheit des Leistungsträgers, vorhandene Unterkunftskapazitäten, erhöhter Verwaltungsaufwand durch dezentrale Unterbringung, Versorgungsengpässe, vorübergehende Unterbringung, Auflagen über die Wohnsitz- bzw. Wohnungsnahme, Vorschriften über die Unterbringung (§§ 47, 53 AsylG), Kosten (Frerichs, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 3 Rz. 168).

Subjektive Umstände: Gesundheitliche Beeinträchtigungen (z. B. psychische Erkrankung), Grundbedürfnisse von Familien (insbesondere bei schulpflichtigen Kindern), Pflege von Angehörigen, soziale Spannungen mit Mitbewohnern, zeitnah eintretende Leistungsprivilegierung, bereits erzielte Integrationserfolge, bisherige und voraussichtliche Aufenthaltsdauer, bei Erwerbstätigkeit: Nähe zum Arbeitsplatz, mangelnde Sprachkenntnisse und/oder fehlende Erfahrungen mit dem Geschäftsverkehr in Deutschland (Mietmissbrauch), Leistungsberechtigung von Familienangehörigen nach dem SGB II/SGB XII (gemischte Bedarfs- bzw. Einsat...

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