Rz. 14
Gemäß Abs. 1 Nr. 2a werden Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebende erwachsene Leistungsberechtigte der Regelbedarfsstufe 2 zugeordnet. Mit dem niedrigeren Bedarfssatz sollen Einspareffekte durch gemeinsame Haushaltsführung berücksichtigt werden (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 3a Rz. 11). Das BVerfG hat dazu ausgeführt, im Hinblick auf erwachsene Partner einer Bedarfsgemeinschaft dürfe der Gesetzgeber davon ausgehen, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen gespart werden und deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (BVerfG, Urteil v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09).
Rz. 15
Gemäß Abs. 1 Nr. 2b werden erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer Aufnahmeeinrichtung i.S.v. § 44 Abs. 1 AsylG oder in einer Gemeinschaftsunterkunft i. S. v. § 53 Abs. 1 AsylG oder nicht nur kurzfristig in einer vergleichbaren sonstigen Unterkunft (Sammelunterkunft) untergebracht sind, wie Leistungsberechtigte in Paarhaushalten ebenfalls der Bedarfsstufe 2 zugeordnet. Die Zuordnung ist unabhängig davon, ob die Leistungsberechtigten dort allein, mit einer Partnerin oder einem Partner oder mit anderen Erwachsenen zusammenleben.
Rz. 16
In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, mit der Begrenzung des Leistungssatzes für diese Leistungsberechtigten auf das Niveau der Bedarfsstufe 2 (90 % der Bedarfsstufe 1) werde dabei der besonderen Bedarfslage von Leistungsberechtigten in Sammelunterkünften Rechnung getragen. Denn es sei davon auszugehen, dass eine Gemeinschaftsunterbringung für die Bewohner solcher Unterkünfte Einspareffekte zur Folge hat, die mit denen in Paarhaushalten im Ergebnis vergleichbar sind. Der in der Bedarfsstufe 2 für Paarhaushalte zum Ausdruck kommende Gedanke der Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften "aus einem Topf" lasse sich auf Leistungsberechtigte übertragen, die in Sammelunterkünften bestimmte Räumlichkeiten (Küche, Sanitär- und Aufenthaltsräume etc.) gemeinsam nutzen. Auch hier ermögliche die gemeinschaftliche Nutzung von Wohnraum Synergieeffekte, da bestimmte haushaltsbezogene Aufwendungen nicht von jedem Leistungsberechtigten alleine zu tragen seien, sondern auf die Gemeinschaft der Bewohner aufgeteilt bzw. von ihnen gemeinsam getragen würden. Dies betreffe etwa die persönlichen Bedarfe an Mediennutzung, da Festnetz- oder Internetanschlüsse in Sammelunterkünften regelmäßig zur gemeinschaftlichen Nutzung bereitgestellt werden. Weitere Einsparungen ergäben sich unter den genannten Voraussetzungen durch die Möglichkeit zur gemeinsamen Nutzung oder zum Austausch bei den Bedarfen an Freizeit, Unterhaltung und Kultur (Abteilung 9 der EVS 2013). Bei einer Unterbringung in Sammelunterkünften bestünden zudem Einspareffekte beim notwendigen Bedarf an Nahrung (Abteilung 1 der EVS 2013), etwa indem Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werden. Die sich hieraus für die erwachsenen Bewohner von Sammelunterkünften erzielbaren Ersparnisse seien mit den Einspareffekten in Paarhaushalten im Ergebnis vergleichbar. Das Absenken der Regelleistung aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftens in häuslicher Gemeinschaft könne als Orientierung von Sozialleistungen an der Bedürftigkeit auch im Sinne des sozialen Rechtsstaats gerechtfertigt werden (BT-Drs. 19/10052 S. 23 f.).
Rz. 17
Das BVerfG hat mit Beschluss v. 19.10.2022 (1 BvL 3/21) entschieden, dass die Parallelvorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 mit Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Regelbedarf lediglich in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird. Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung hat das BVerfG angeordnet: Auf Leistungsberechtigte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG findet § 28 SGB XII i. V. m. dem Regelbedarfsermittlungsgesetz und §§ 28a, 40 SGB XII mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft i. S. v. § 53 Abs. 1 AsylG oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Abs. 1 AsylG für jede alleinstehende erwachsene Person der Leistungsbemessung ein Regelbedarf in Höhe der jeweils aktuellen Regelbedarfsstufe 1 zugrunde gelegt wird. Für die bei Bekanntgabe dieser Entscheidung nicht bestandskräftigen Leistungsbescheide gilt dies ab dem 1.9.2019. Bereits bestandskräftige Bescheide bleiben unberührt, soweit vorhergehende Leistungszeiträume betroffen sind. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung die Begründung in der Vorlage des SG Düsseldorf, wonach eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Nr. 1 nicht in Betracht komme, für vertretbar erachtet. Dies dürfte mithin auch für die Parallelnorm des § 3a Abs. 1 Nr. 2b gelten. Dies hat zur Folge, dass sic...