Rz. 4

Die Regelung des Abs. 1 Satz 1 gilt nur für Leistungsbezieher nach den §§ 1, 1a und 3 und deren Familienangehörige, die im selben Haushalt leben, nicht für solche Personen, die Leistungen nach § 2 beziehen. Dies folgt unmittelbar aus § 2 Abs. 1, der für Leistungsbezieher nach § 2 Abs. 1 eine Abweichung von § 7 vorsieht.

 

Rz. 5

In Rechtsprechung und Literatur besteht Uneinigkeit darüber, wer zu den Familienangehörigen zählt. § 1 Abs. 1 Nr. 6 nennt Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder, was für eine enge Interpretation spricht (Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 7 Rz. 19 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 21.9.2010, L 20 B 50/09 AY ER mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des AsylbLG). Das OVG Nordrhein-Westfalen hatte zuvor keine gesetzliche Grundlage für eine enge Auslegung gesehen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 1.4.2004, 12 A 3542/01). Der Begriff des Familienangehörigen bezieht sich nach dem Wortverständnis jedoch nicht zwingend auf eine Großfamilie und es würde verfassungsrechtliche Komplikationen hervorrufen, wenn der Begriff der Familie über den der Bedarfs- oder Einstandsgemeinschaft hinaus ausgelegt würde. Es ist eine am SGB XII orientierte restriktive Interpretation geboten (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 7 Rz. 13 mit Hinweis auf Treichel, in: GK-SRB, AsylbLG, §§ 78a Rz. 8; Siefert/Krauß, AsylbLG, § 7 Rz. 13; Herbst, in: Mergler/Zink, AsylbLG, § 7 Rz. 34; Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 7 Rz. 20). Die Familienangehörigen müssen im selben Haushalt zusammenleben. Darunter ist eine Wohngemeinschaft zu verstehen, die nicht zwingend in einer abgeschlossenen Wohnung, sondern auch in einer Gemeinschaftsunterkunft leben kann, aber gemeinschaftlich wirtschaftet. Kennzeichnend für den gemeinsamen Haushalt ist das gemeinsame Wirtschaften.

 

Rz. 6

Gemäß Abs. 1 Satz 2 findet § 20 SGB XII entsprechende Anwendung. Danach dürfen Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine eheähnliche Gemeinschaft nur vor, wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen bestehen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft). Gemeint ist eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BVerfG, Urteil v. 17.11.1992, 1 BvL 8/87). Nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft rechtfertigt die Annahme einer eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, sondern es kommt auf den subjektiven Willen zur Bildung einer solchen zwar nicht rechtlich, aber sittlich als verbindlich empfundenen Gemeinschaft an. Entscheidend sind nicht allein die objektiv messbaren Umstände einer Lebensgemeinschaft, wie die Art des Wohnens, die Innigkeit der Beziehung, der tatsächliche Umfang der gegenseitigen Unterstützung usw., sondern es ist der innere Wille, der Partner einer Lebensgemeinschaft ehe- bzw. lebenspartnerschaftsähnlich zusammenleben lässt (Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 7 Rz. 24). Dabei sind die Lebensumstände zu würdigen, welche die Lebensgemeinschaft prägen.

 

Rz. 7

§ 20 SGB XII verweist weiter auf die entsprechende Anwendung von § 39 SGB XII. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wird widerleglich vermutet, dass in einer Wohnung bzw. einer anderen Unterkunft zusammenlebende Personen gemeinsam als Haushaltsgemeinschaft wirtschaften und dass der Leistungsberechtigte von den anderen Personen Unterstützung für den Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Die Vermutung geht jedoch nur so weit, dass der Einsatz des Einkommens bzw. Vermögens des Partners des Hilfebedürftigen zu fordern ist und daher auch die Vermutung nur insoweit eingreifen kann, als der Partner selbst betroffen ist. Hingegen bleiben die Einkünfte und Vermögenswerte der Angehörigen des nicht hilfebedürftigen Partners außer Betracht, auch dann, wenn sie in demselben Haushalt leben (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 7 Rz. 18).

 

Rz. 8

Die Regelung in Abs. 1 Satz 1 darf nicht dazu führen, dass in gemischten Bedarfsgemeinschaften, die aus Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG und Leistungsberechtigten nach SGB II oder SGB XII zusammengesetzt sind, der Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG nicht mehr dasjenige zur Verfügung hat, was ihm nach dem AsylbLG zusteht. Insoweit darf Bürgergeld nicht als Einkommen gelten (Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3....

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