2.1 Ausschluss von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 5
Eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG schließt einen Anspruch aus §§ 3 f. AsylbLG nur dann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 aus, wenn der Leistungsberechtigte von demjenigen, der die Erklärung i. S. d. § 68 AufenthG abgegeben hat, auch tatsächlich Leistungen erhält (VG Karlsruhe, Beschluss v. 18.3.2002, 8 K 521/02, InfAuslR 2003 S. 113; SG Dortmund, Beschluss v. 11.5.2011, S 47 AY 58/11 ER). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift "gedeckt wird". Weigert sich also der Verpflichtete, den Lebensunterhalt des Angehörigen sicher zu stellen, steht die Verpflichtungserklärung einem Anspruch des Angehörigen etwa nach § 3 nicht entgegen. Nur diese Auslegung entspricht dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums gemäß Art 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG (SG Dortmund, a. a. O., unter Hinweis auf BVerfG v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09). Auch Ansprüche auf Leistungen bei Krankheit nach § 4 sind im Falle der Nichterfüllung der Verpflichtungserklärung gegeben (SG Dortmund, a. a. O.). Nimmt der Leistungsberechtigte das sog. Kirchenasyl in Anspruch, besteht keine anderweitige Bedarfsdeckung i. S. d. § 8 hinsichtlich der übrigen Bedarfe, wenn der Kirchenträger erklärt, er komme nur für Unterkunft und Heizkosten auf (Bay. LSG, Beschluss v. 11.11.2016, L 8 AY 28/16 B ER).
Rz. 5a
§ 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt derjenigen Behörde, die die öffentlichen Mittel für den Lebensunterhalt des Ausländers aufgewendet hat, einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden kann. Zuständig für derartige Klagen sind die Verwaltungsgerichte (BSG, Beschluss v. 26.10.2010, B 8 AY 1/09 R).
Demgegenüber begründet die Verpflichtungserklärung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den betreffenden Ausländer selbst keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen gegen den Erklärenden (VG Karlsruhe, a. a. O., unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 19.11.1993, 6 S 2371/93, und BayVGH, Urteil v. 23.2.1994, NVwZ-RR 1994 S. 450). Hat der Ausländer aber keinen eigenen Anspruch gegen denjenigen, der die Verpflichtungserklärung abgegeben hat, so kann eine Leistungsversagung nach § 8 Abs. 1 hierauf auch nicht gestützt werden. Es fehlt zudem an "bereiten Mitteln", mit denen der Ausländer seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Anders ist die Situation zu beurteilen, in der aufgrund anderer Vorschriften ein Unterhaltsanspruch z. B. nach Familienrecht tatsächlich besteht und auch kurzfristig durchsetzbar ist. Dann können Mittel zur Bedarfsdeckung tatsächlich vorhanden sein, die einen Anspruch aus § 8 Abs. 1 ausschließen.
2.2 Leistungen im Krankheitsfall, bei Behinderung und bei Pflegebedürftigkeit (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 6
Die Regelung des Abs. 1 Satz 2 enthält eine Ausnahme von der Subsidiaritätsregelung in Abs. 1 Satz 1, die nur greift, wenn eine Verpflichtung eines Dritten i. S. d. § 68 AufenthG abgegeben worden ist.
Rz. 7
Es muss zudem eine landesrechtliche Regelung vorhanden sein, sonst kann § 8 Abs. 1 Satz 2 bereits nach seinem Wortlaut nicht greifen. Der Gesetzgeber hat diesen Vorbehalt eingefügt, um der Kostenzuständigkeit der Länder für den Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes Rechnung zu tragen. Unter den Begriff Landesrecht fallen nicht nur formelle Gesetze und Verordnungen, sondern normenkonkretisierende und normeninterpretierende Verwaltungsvorschriften (Hohm, AsylbLG, § 8 Rz. 38).
2.3 Gewährung eines monatlichen Zuschusses (Abs. 2)
Rz. 8
Die in der Praxis bisher kaum relevante Vorschrift gibt Personen, die bereits 6 Monate oder länger den Pflichten aus ihrer Verpflichtungserklärung i. S. d. § 68 AufenthG nachgekommen sind, einen Anspruch auf einen monatlichen Zuschuss, wenn außergewöhnliche Umstände in der Person des Verpflichteten den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen.
Rz. 9
Der Terminus "in der Person des Verpflichteten" spricht Fälle an wie etwa die unvorhersehbare Verschlechterung der Einkommenssituation des Verpflichteten, z. B. durch Eintritt von Arbeitslosigkeit oder Verschlechterung der Wohnsituation (BT-Drs. 13/2746 S. 17).
Rz. 10
Liegen die in Abs. 2 genannten Voraussetzungen vor, trifft der Leistungsträger eine Ermessensentscheidung hinsichtlich des "Ob" der Leistung (Entschließungsermessen) und des "Wie" der Leistung (Auswahlermessen; vgl. Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 8 AsylbLG Rz. 29; eingehend hierzu auch Hohm, AsylbLG, § 8 Rz. 49).
Rz. 11
Der Umfang des Zuschusses wird nicht in konkreten Sätzen festgelegt, sondern es wird in § 8 Abs. 2 nur ein gesetzlicher Rahmen gezogen, der den Zuschuss auf das Doppelte des Betrags nach § 3 Abs. 1 Satz 8 deckelt. Eine Untergrenze wird in § 8 Abs. 2 nicht gezogen. Sinnvollerweise sollten jedoch die Beträge des sog. "Taschengeldes" in § 3 nicht unterschritten werden (vgl. Schneider in Hohm, AsylbLG § 8 Rz. 57).