0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 3 ist derzeit i. d. F. der Bekanntmachung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) seit 10.6.2021 in Kraft.
Die Vorschrift ist mit dem Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BKiSchG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2975) mit Wirkung zum 1.1.2012 in Kraft getreten (vgl. zu den Gesetzesmaterialien BR-Drs. 202/11 S. 26 ff. = BT-Drs. 17/6256 S. 18 f. und BR-Drs. 202/11 (Beschluss) sowie BR-Drs. 202/1/11 (Empfehlungen der Ausschüsse)).
Mit Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Art. 8 des Gesetzes v. 2.6.2021 (BGBl. I S. 1387) § 3 Abs. 2 mit Wirkung zum 1.1.2018 geändert hat und die Angabe "75 Absatz 3" durch die Angabe "76 Absatz 1" ersetzt hat. Hierbei handelte es sich um eine redaktionelle Folgeänderung aus der Neufassung des 10. Kapitels des SGB XII (BR-Drs. 428/16 S. 366 = BT-Drs. 18/9522 S. 355).
Mit Art. 2 Nr. 1 des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde § 3 Abs. 2 mit Wirkung zum 10.6.2021 abermals geändert und die Wörter "Einrichtungen und Dienste, mit denen Verträge nach § 76 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch" durch die Wörter "Leistungserbringer, mit denen Verträge nach § 125 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch" ersetzt; außerdem wurde nach den Wörtern "sozialen Beziehungen" ein Komma und das Wort "Mehrgenerationenhäuser" eingefügt (vgl. zu den Gesetzesmaterialien BR-Drs. 5/21 S. 26, 122 = BT-Drs. 19/26107 S. 35, 120; der Vorschlag ist unverändert angenommen worden durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss), vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 76; vgl. des Weiteren auch BT-Drs. 5/21 (Beschluss), S. 55 f.).
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift gibt Rahmenregelungen vor, die auf Landesebene und auf kommunaler Ebene umgesetzt werden müssen. Bisher gibt es bereits zahlreiche Modellprojekte, die zumeist schon vor Inkrafttreten des BKiSchG angestoßen wurden (vgl. statt vieler die Veröffentlichungen im Internet unter https://www.berlin.de/sen/jugend/familie-und-kinder/kinderschutz/; Netzwerk für präventiven Kinderschutz des Freistaates Sachsen, https://www.familie.sachsen.de; Richtlinie zur Förderung Koordinierender Kinderschutzstellen KoKi – Netzwerk frühe Kindheit, http://www.blja.bayern.de; Kinderschutznetzwerk der Stadt Iserlohn, http://www.iserlohn.de; Netzwerkkonferenz der Stadt Trier und des Landkreises Saarburg, http://www.trier-saarburg.de; alle zuletzt abgerufen am 31.3.2023).
Rz. 3
Ziel der Regelung allgemein ist der Ausbau bestehender bzw. Aufbau noch nicht vorhandener Netzwerkstrukturen durch alle beteiligten Fachstellen und Akteure im Kinderschutz zur bestmöglichen Realisierung eines präventiven und intervenierenden Kinderschutzes (BR-Drs. 202/11 S. 26 f. = BT-Drs. 17/6256 S. 18).
Rz. 4
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).
2 Rechtspraxis
2.1 Strukturelle Zusammenarbeit im Kinderschutz nach Abs. 1
Rz. 5
Abs. 1 verpflichtet die Länder, verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit der Leistungsträger und Institutionen im Kinderschutz aufzubauen, weiterzuentwickeln usw. Wie die Organisationsstruktur der Netzwerke ausgestaltet sein soll und welche Leistungsträger und Institutionen im einzelnen gemeint sind, bleibt jedoch völlig unklar. Entsprechende Aufgaben und Mitwirkungsverpflichtungen, wie sie im SGB VIII vorgegeben sind, sind in § 3 Abs. 1 nicht hinterlegt (Meysen/Rixen/Schönecker, SGb 2019 S. 457, 462 und 463). Die Regelungen zur Abstimmung des Angebotsspektrums und der Angebotsgestaltung sowie der Verfahren im Kinderschutz weisen ebenfalls einen hohen Grad von Unverbindlichkeit auf.
Rz. 6
Sinn und Zweck dieses übergeordneten Programmsatzes ist es, einen bestmöglichen präventiven und intervenierenden Kinderschutz zu etablieren und realisieren (BR-Drs. 202/11 S. 26 = BT-Drs. 17/6256 S. 18). Das Mittel hierzu soll nach dem gesetzgeberischen Willen sein, die Weiterentwicklung und Verstetigung von bundesweit flächendeckend bestehenden Netzwerkstrukturen für einen effektiven Kinderschutz; soweit solche Strukturen noch nicht bestehen, dienen die Regelung deren Aufbau.
Rz. 7
Weitergehendes Ziel ist es daher, möglichst alle Eltern frühzeitig mit allgemeinen Informationen über Erziehung und Entwicklung des Kindes zu erreichen (§ 2) und insbesondere Eltern in spezifischen Risikosituationen Hilfeangebote zu unterbreiten, bevor es zu einer akuten Kindeswohlgefährdung kommt, die den Schutzauftrag des Jugendamtes nach § 8a SGB VIII auslöst (BR-Drs. 202/11 S. 27 = BT-Drs. 17/6256 ...