Rz. 25
Mit dem durch das KJSG v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) mit Wirkung zum 10.6.2021 neu eingefügten Abs. 4 (vgl. insoweit die Gesetzesmaterialien in BR-Drs. 5/21 S. 124 f. = BT-Drs. 19/26107 S. 121) wird eine Informationspflicht des Jugendhilfeträgers gegenüber dem in § 4 Abs. 1 genannten Berufsgeheimnisträger eingefügt. Damit wird die Informationspflicht intensiviert (Cirullies, FamRB 2021 S. 389, 390); sog. Echo-Effekt (Salgo/Kepert, ZKJ 2020 S. 414, 420).
Rz. 25a
Die Echo-Pflicht besteht aber nur gegenüber den Geheimnisträgern i. S. d. Abs. 1. Es besteht daher keine Verpflichtung zur Rückmeldung nach § 4 Abs. 4 an Erzieherinnen, da diese keine Berufsgeheimnisträger i. S. d. § 4 Abs. 1 sind (zutreffend: DIJuF-Rechtsgutachten v. 9.12.2021, SN_2021_1465 Bm, JAmt 2022 S. 98).
Rz. 25b
§ 4 Abs. 4 entfaltete gegenüber landesrechtlichen Regelungen Sperrwirkung; der Bund hat die Rückmeldepflichten mit § 4 Abs. 4 abschließend geregelt (DIJuF-Rechtsgutachten v. 11.11.2022 – SN_2022_1568 Bd, JAmt 2022 S. 592).
2.4.1 Informationspflicht nach Satz 1
Rz. 26
Die generelle Regelung in Satz 1 ist der Regelung nachgebildet, wie sie auch in § 64 Abs. 4 SGB VIII niedergelegt worden ist (auf die Komm. zu § 64 SGB VIII kann daher im Wesentlichen verwiesen werden).
Rz. 26a
Die Regelung ist – wie bereits Abs. 1 Satz 1 – als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Es sind daher Ausnahmen bei atypischen Fallgestaltungen möglich und denkbar.
Rz. 27
Der Gesetzgeber hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass es für eine vertrauensvolle Kooperationsbeziehung zwischen Berufsgeheimnisträgern und Jugendamt sehr förderlich ist, wenn der Berufsgeheimnisträger über den weiteren Fortgang des Verfahrens nach seiner Meldung in Kenntnis gesetzt worden ist (BR-Drs. 5/21 S. 124 f. = BT-Drs. 19/26107 S. 121 jeweils unter Bezugnahme auch auf die BT-Drs. 18/7100 S. 57).
Rz. 28
Abs. 4 Satz 1 schafft damit auch eine datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage (so ausdrücklich der Gesetzgeber in BR-Drs. 5/21 S. 124 f. = BT-Drs. 19/26107 S. 121); die Vorschrift schafft die verbindliche Grundlage für die Übermittlung von Daten durch das Jugendamt an die in Abs. 1 Satz 1 genannten Personen.
Rz. 29
Bezugspunkte der Datenübermittlungsermächtigung sind, (1) ob sich gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bestätigt haben, (2) ob das Jugendamt zur Gefahrenabwehr tätig geworden ist und (3) ob die Maßnahmen noch andauern. Dieser Katalog von mitteilungsfähigen Daten ist abschließend und kann nicht erweitert werden, sodass die Vorschrift nur für diese Datenübermittlung eine Ermächtigung bereithält. Die Weitergabe darüberhinausgehender oder weiterer Informationen ist nicht zulässig (BR-Drs. 5/21 S. 124 f. = BT-Drs. 19/26107 S. 121).
Rz. 30
Sinn der gesetzlich normierten Informationspflicht gegenüber dem Berufsgeheimnisträger ist es, diesen in die Lage zu versetzen, seine Aufgaben gegenüber dem Kind und der Familie adäquat zu erfüllen (BR-Drs. 5/21 S. 124 f. = BT-Drs. 19/26107 S. 121). Die Rückkopplung ist daher erforderlich, weil bei Vorliegen einer strafrechtlichen Garantenpflicht (z. B. des Arztes) der Garant wissen muss, ob weitere Schritte zur Abwendung der Gefahr notwendig sind (Salgo/Kepert, ZKJ 2020 S. 414, 420).
Rz. 31
Im Interesse der Berufsgeheimnisträger trifft das Jugendamt die Informationspflicht zeitnah. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist durch das Gesetz nicht definiert; auch in den Gesetzesmaterialien finden sich keine Anhaltspunkte, was zeitnah bedeutet. Der Begriff dürfte zwar nicht im Sinne von unverzüglich auszulegen sein – also i. S. d. Rechtsgedanken des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern. Es ist aber nicht in das beliebige Ermessen des Jugendhilfeträgers gestellt, wann er die Information an den Berufsgeheimnisträgers weiterreicht. Da die Arbeitsfähigkeit des Berufsgeheimnisträgers im Verhältnis zum Kind und Familie geschützt ist, ist regelmäßig innerhalb von Tagen nach dem das Jugendamt die Entscheidung über die von Satz 1 geforderten notwendigen Informationen getroffen hat, diese dem Berufsgeheimnisträger zuzuleiten bzw. bekanntzugeben.
2.4.2 Hinweispflicht nach Satz 2
Rz. 32
Darüber hinaus trifft den Jugendhilfeträger nach Satz 2 auch die Pflicht, Betroffene auf die Information nach Satz 1 vorab hinzuweisen. Diese Pflicht zur Vorabinformation erfährt dort eine Ausnahme, wo diese Hinweise dem Kindeswohl zuwiderlaufen, weil damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen infrage gestellt wird.