Rz. 5
§ 106 stellt klar, dass durch § 42 Abs. 5 und § 42a Abs. 1 Satz 2 das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG) eingeschränkt.
Rz. 6
Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/6392 S. 21) stellt darauf ab, dass nach § 42 Abs. 5 freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme zulässig sind, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Befugnis zur Durchführung freiheitsentziehender Maßnahmen schränkt das Recht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG) ein.
Rz. 7
§ 42a Abs. 1 Satz 2 regelt die entsprechende Geltung dieser Befugnisse auch für die vorläufige Inobhutnahme und beinhaltet demnach ebenfalls eine Grundrechtseinschränkung. Durch die Inbezugnahme von § 42 Abs. 5 und § 42a Abs. 1 Satz 2 sind daher beide Formen der Inobhutnahme erfasst; also sowohl die reguläre als auch die vorläufige Inobhutnahme.
Rz. 8
Inobhutnahme ist dabei die (vorläufige) Aufnahme und Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen in einer Notsituation durch das Jugendamt. Die Inobhutnahme stellt damit i. d. R. keine freiheitsentziehende Maßnahme im engeren Sinn dar, die darauf ausgerichtet sind, das Recht des Betroffenen dahingehend einzuschränken, sich frei zu bewegen; vgl. Art. 104 Abs. 2 GG. Die Inobhutnahme ist gerade nicht darauf gerichtet, die Fortbewegungsfreiheit des Kindes oder des Jugendlichen aufzuheben. Lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht wird entzogen. Die Inobhutnahme stellt daher regelmäßig nur eine bloße Freiheitsbeschränkung dar, vgl. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Deshalb sieht § 42 Abs. 5 in den Fällen, in denen eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden ist, weitergehend freiheitsentziehende Maßnahmen vor. Damit erfasst sind Gefahrenlage der Selbstgefährdung wie Selbstverletzung, Selbstverstümmlung oder beabsichtigter Freitod (vgl. insoweit die Komm. zu § 42 Abs. 5).
Rz. 9
Der Entzug der Freiheit i. S. d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG steht unter dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG. §§ 42 Abs. 5, 42a Abs. 1 Satz 3 stellen in Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Anforderung die erforderlichen materiell-rechtlichen Eingriffsermächtigungen für die Freiheitsentziehungen dar
Rz. 10
Zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Zitiergebots aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ist darüber hinaus die Einführung einer entsprechenden Schlussvorschrift erforderlich gewesen, die in § 106 zu sehen ist. § 106 erfüllt daher die verfassungsrechtlichen Vorgaben in förmlicher Hinsicht, da Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG anordnet, dass ein Gesetz, welches ein Grundrecht einschränkt, dieses Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen muss.