Rz. 2

§ 36a insbesondere in seinem Abs. 1 schreibt das Leitbild des Jugendhilferechts und den Grundsatz vom Entscheidungsprimat des Jugendamts gesetzlich fest; eine Kostenerstattung erfolgt daher grundsätzlich nur bei einer Entscheidung durch das Jugendamt (v. Koppenfels-Spies, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 36a Rz. 10). Die Vorschrift dient damit – insbesondere auch durch die Konkretisierung der Voraussetzungen in Abs. 3 – der Eindämmung der Selbstbeschaffung. Ziel ist es, die fachliche und wirtschaftliche Steuerungskompetenz des Jugendamts zu sichern und damit vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Kassen die Leistungen gezielt den jungen Menschen zugutekommen zu lassen, die der Unterstützung bedürfen. Der Nachrang der öffentlichen Jugendhilfe – wie er in § 10 Abs. 1 niedergelegt ist - wird gegenüber den Leistungspflichten anderer, aber auch im Hinblick auf die Heranziehung der leistungsbegünstigten Personen zu den Kosten der Hilfen einer gesteigerten Leistungsfähigkeit angepasst (zur Zielsetzung der Norm vgl. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 6.9.2004, BT-Drs. 15/3676 S. 1). In der Praxis kommt es des Öfteren zu einer unmittelbaren Kontaktaufnahme der Eltern mit Leistungserbringern. Hierdurch wird die Entscheidungszuständigkeit der Jugendämter unterlaufen und sie werden zu einem bloßen Kostenträger reduziert. Diesem Missbrauch des Trägers öffentlicher Jugendhilfe als bloße Zahlstelle, sei es, weil die Leistungen selbst beschafft werden, sei es, weil sie von dritter Seite – namentlich gerichtlich – angeordnet werden, soll mit dieser Vorschrift entgegengewirkt werden (zur Intention des Gesetzgebers für die Einführung des § 36a, vgl. stellvertretend: Münder, § 36a SGB VIII, Rz. 2). Eine solche Praxis steht grundsätzlich im Widerspruch zur Systematik des SGB VIII. Der Leistungsträger soll die Kosten nur dann tragen, wenn er selbst zuvor über die Eignung, Art und Notwendigkeit einer Hilfe entschieden hat (hierauf weist zutreffend hin: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Zweite Beschlussempfehlung v. 1.6.2005 zur BT-Drs. 15/5616). Dies gilt in besonderer Weise für die Inanspruchnahme von Hilfen nach § 35a. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist nicht bloßer Kostenträger (BVerwG, Urteil v. 28.9. 2000, 5 C 29/99; vgl. auch die Ergebnisse der Fachkonferenz 1 des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht, ZfJ 2003 S. 61, und darauf Bezug nehmend OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.3.2003, 12 A 1193/01; zur Zielsetzung der Vorschrift vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 6.9.2004, BT-Drs. 15/3676 S. 27).

 

Rz. 3

Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).

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