Rz. 13

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll dann in der zweiten Stufe im Falle einer positiven Entscheidung über die Zulassung im eigenen Interesse i. S. v. § 36a Abs. 2 Satz 2 mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden – §§ 78a ff. Der Gesetzgeber hat dabei mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) in Abs. 2 Satz 2 mit Wirkung zum 10.6.2021 eine sprachliche Ungenauigkeit beseitigt und nunmehr klarstellend ausdrücklich den Träger der öffentlichen Jugendhilfe benannt. Satz 2 entspricht aber auch in dieser Neufassung inhaltlich vollständig der bisherigen Regelung des § 36a Abs. 2 Satz 2 (BR-Drs. 5/21 S. 83 = BT-Drs. 19/26107 S. 87). Eine Rechtsänderung tritt durch das KJSG nicht ein. Die Pflicht zum Abschluss von Vereinbarungen mit den Leistungserbringern ist als Sollvorschrift ausgestaltet (zur Ausgestaltung als Sollvorschrift vgl. hierzu auch die gesetzgeberische Intention im Entwurf zum Kinderförderungsgesetz – KiföG in BT-Drs. 295/08 v. 2.5.2008 S. 30). Der Sinn der Sollvorschrift liegt in der Verfahrensbeschleunigung und der Flexibilisierung des Instruments niederschwelliger Leistungen. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist daher bei der Zulassung niedrigschwelliger unmittelbarer Inanspruchnahme ambulanter Hilfen – wie beispielsweise die Erziehungsberatung – in begründeten Einzelfällen flexibler bei der Auswahl und Bestimmung der Leistungserbringer und kann im Interesse der Anspruchsteller ausnahmsweise schnell reagieren. Sofern ein begründeter Ausnahmefall nicht besteht, der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Abschluss einer Vereinbarung mit dem jeweiligen Leistungserbringer verpflichtet ist, besteht die Pflicht zum Abschluss einer solchen Vereinbarung durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe dann mit allen Leistungserbringern und damit sowohl mit freien Trägern als auch mit privat-gewerblichen Trägern. Hierauf besteht ein Rechtsanspruch, der sich aus Art. 12 GG ergibt. Der Leistungserbringer kann die Einhaltung der Pflicht mit der allgemeinen Leistungsklage i. S. v. § 40 VwGO erzwingen (Kunkel, Gesteuerte Selbstbeschaffung nach § 36a Abs. 2 SGB VIII, ZKJ 2007 S. 241). Die Vereinbarung stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 53 SGB X in Form eines Austauschvertrages i. S. v. § 55 SGB X dar und unterliegt daher der Schriftform i. S. v. § 56 SGB X.

 

Rz. 14

Da der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht im Einzelfall über die Gewährung der Hilfe entscheidet, dienen die Vereinbarungen mit den Leistungserbringern auch insofern der Wahrnehmung seiner Steuerungsverantwortung. Hierzu ist in den Vereinbarungen konkret zu regeln, auf welches Hilfeangebot einschließlich davon umfasster Einzelmaßnahmen sich die Zulassung der unmittelbaren Inanspruchnahme bezieht. Es ist festzuhalten, dass die Leistung nur erbracht werden darf, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27 (oder § 35a) erfüllt sind und die im Einzelfall bestehende Bedarfslage das für eine unmittelbare Inanspruchnahme zugelassene Hilfeangebot indiziert. Weiterhin muss geregelt werden, bei welcher Intensität der Hilfe der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hinzugezogen bzw. eingeschaltet werden muss, vgl. so die allgemeinen Erwägungen des Gesetzgebers zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) in BR-Drs. 5/21 S. 84 = BT-Drs. 19/26107 S. 87.

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