2.2.1 Übergangsplanung nach Satz 1
Rz. 16
Abs. 2 Satz 1 enthält eine Sonderregelung bei einem Zuständigkeitsübergang vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf einen Träger der Eingliederungshilfe. Es handelt sich um eine verdrängende lex spezialis Regelung, wie sich aus der Formulierung "Abweichend von Absatz 1 ..." ergibt.
Rz. 17
Ein solcher Zuständigkeitswechsel vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf den Träger der Eingliederungshilfe kann z. B. aufgrund von Volljährigkeit des Leistungsberechtigten gegeben sein (so das ausdrückliche Beispiel in den Gesetzesmaterialien, BR-Drs. 5/21 S. 85 = BT-Drs. 19/26107 S. 88).
Rz. 18
Ein solcher Zuständigkeitswechsel ist geprägt von dem Umstand, dass hier keine Leistungen zum gleichen Zeitpunkt, jedoch in einem von vornherein absehbaren Zeitraum nacheinander vorliegen.
Rz. 19
Mit Blick auf die mit dem SGB IX intendierte Zielsetzung, Leistungen nahtlos, zügig und wie aus einer Hand zu erbringen, und bei der Leistungsplanung und -entscheidung den leistungsberechtigten Menschen mit Behinderung von Anfang an einzubeziehen, hat der Gesetzgeber sich dafür entschieden, die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens nach § 19 SGB IX auch in diesem Fall für sinnvoll und geboten zu erachten (BR-Drs. 5/21 S. 85 = BT-Drs. 19/26107 S. 88). Das Teilhabeplanverfahren nach § 19 SGB IX dient daher auch im Anwendungsbereich des § 36b Abs. 2 dazu, rechtzeitig die Voraussetzungen für die Sicherstellung einer nahtlosen und bedarfsgerechten Leistungsgewährung nach dem Zuständigkeitsübergang zu klären.
Rz. 20
Der Inhalt des Teilhabeplanverfahrens ist durch § 19 SGB IX vorgegeben (vgl. insoweit die Komm. zu § 19 SGB IX).
Rz. 21
Die Sicherstellung der nahtlosen und bedarfsgerechten Leistungsgewährung hat rechtzeitig zu erfolgen; was der Gesetzgeber hierunter versteht, wird durch Satz 2 näher definiert.
2.2.2 Beginn der Übergangs- und Teilhabeplanung nach Satz 2
Rz. 22
Nach Satz 2 ist die Teilhabeplanung frühzeitig, i. d. R. ein Jahr vor dem voraussichtlichen Zuständigkeitswechsel, vom Träger der Jugendhilfe einzuleiten. Als Zeitpunkt für Einleitung der Teilhabeplanung war ursprünglich 6 Monate vor dem voraussichtlichen Zuständigkeitswechsel vorgesehen (BR-Drs. 5/21 S. 9 = BT-Drs. 19/26107 S. 20) und ist auf Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) auf ein Jahr vor dem voraussichtlichen Zuständigkeitswechsel ausgedehnt worden (BT-Drs. 19/28870 S. 35, 105).
Rz. 23
Der Zeitraum von 6 Monaten wurde insoweit für eine Übergangsplanung als nicht ausreichend erachtet sowohl im Hinblick auf einen Zuständigkeitswechsel aufgrund des Erreichens der Volljährigkeit als auch bei Minderjährigen etwa infolge einer neu gestellten Diagnose (damit wurde ein Vorschlag des Bundesrates umgesetzt; vgl. BR-Drs 5/21 (Beschluss), Nr. 21, S. 19). 6 Monate können mithin nicht als "frühzeitig" bezeichnet werden. Daraus folgt auch, dass der Jahreszeitraum grundsätzlich nicht unterschritten werden darf, wofür auch die Formulierung "... in der Regel ..." spricht. Nur in Ausnahmefällen darf der Zeitraum unterschritten werden. Die Beurteilung, ob der Regelfall für den Jahreszeitraum einzuhalten ist oder im Einzelfall ausnahmsweise unterschritten werden kann, wird beeinflusst von der Bedeutung der Volljährigkeit für junge Menschen. Das Erreichen der Volljährigkeit stellt grundsätzlich eine Zäsur der Lebensphase dar. Allein unter Berücksichtigung dieser Zäsur ist daher der Jahreszeitraum einzuhalten. Inhaltlich muss im Rahmen der Übergangsplanung bei Eintritt der Volljährigkeit für junge Menschen häufig bei einem Wechsel der Zuständigkeiten auch ein Wechsel der Angebote und Leistungserbringer geprüft werden, z. B. wenn neue altersentsprechende Wohn- oder Betreuungsangebote oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gesucht werden. Gerade diese Umstände sprechen grundsätzlich für die Einhaltung des Jahreszeitraums bei Eintritt in die Volljährigkeit. Auch bei einem Zuständigkeitswechsel bei einem Minderjährigen, der z. B. durch eine neu erstellte Diagnostik erfolgen kann, ist eine längere Übergangsphase im Sinne der betroffenen Familien und dient dem Kindeswohl. Daher ist auch bei dieser Fallgruppe eine Regelvorbereitungszeit von einem Jahr erforderlich und darf nur in begründeten Ausnahmefällen unterschritten werden.
Rz. 24
Sinn der frühzeitigen Teilhabeplanung ist es, Brüche zu vermeiden und ein nahtloses Ineinandergreifen von Leistungen sicherzustellen damit soll eine ausreichende Vorbereitung des jungen Menschen und auch der betroffenen Familien ausreichend vorbereitet werden (BT-Drs. 19/28870 S. 105). Auch die Sicherstellung einer nahtlosen und bedarfsgerechten Leistungserbringung bedarf einer eingehenden Vorbereitung.
2.2.3 Teilhabeplankonferenz nach Satz 3
Rz. 25
Mit Zustimmung des Leistungsberechtigten oder seines Personensorgeberechtigten ist eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 SGB IX durchzuführen. Zwar knüpft die Regelung die Durchführung der Teilhabeplankonferenz nur an die Zustimmung; mit dessen Zustimmung ist allerdings das Verfahren nach § 30 SGB IX durchzuführen. Es besteht damit ein An...